Psychosomatische Reha

Zuletzt aktualisiert: 18.06.2024 | Lesedauer: ca. 10 Min.

Psychosomatische Erkrankungen entwickeln sich immer mehr zu einer Volkskrankheit. Stress, Überlastung, Unterforderung, fehlende oder mangelhafte Bewältigungsstrategien sowie fehlgesteuerte psychische Prozesse führen zu körperlichen Leiden. Die Diagnose ist oftmals schwierig, die Therapie langwierig und die Rehabilitation umfassend. Der Grund ist, dass es sich um äußerst komplexe Zusammenhänge handelt. Die psychosomatische Reha zielt ab auf Ihre körperliche Gesundung und psychische Stabilität, um Folgestörungen oder Rückfälle zu lindern oder dauerhaft auszuschließen.

Wer länger unter negativem Stress steht, wer zu Hyperstress neigt oder gar von Burnout betroffen ist, wird körperliche Symptome entwickeln. Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Reizdarm oder Kopfschmerzen sind nur die Häufigsten. Ärzte und Betroffene denken in solchen Fällen selten an die Psychosomatik, sondern suchen eher nach körperlichen Ursachen.

Wurde allerdings ein signifikanter Zusammenhang zwischen Psyche und Physis ausgemacht, muss umfassend therapiert werden, um die Ursachen der Störungen zu beheben. Die Rehabilitation hilft, die körperlichen Beschwerden zu lindern, die Lebensqualität zu erhöhen und psychische Einflussfaktoren positiv zu beeinflussen, sodass auch eine Prävention für die Zukunft erfolgt.

Gründe für eine psychosomatische Reha

Psychosomatische Erkrankungen sind in der Bevölkerung mit ca. 5 bis 10 Prozent vertreten. Vor der physischen Störung gibt es zumeist eine längere Phase geprägt von Trauer, Ärger, Unzufriedenheit, Stress, Resignation oder Unsicherheit. Die Betroffenen fallen meist in eine Krise, wenn in dieser Phase noch eine Kleinigkeit hinzukommt, die nicht mehr verarbeitet werden kann. Aufgabe der Therapie ist die Linderung der körperlichen Probleme und die Entkopplung der seelischen bzw. psychischen Blockaden von den körperlichen, um alle angemessen therapieren zu können. Die wichtigsten Indikationen einer Psychosomatischen Rehabilitation sind:

Aufgrund des Zusammenspiels zwischen Körper und Geist kann auch bei anderen Krankheiten die Psyche ursächlich sein oder zumindest den Krankheitsverlauf beeinflussen. Daher nehmen ebenfalls Patient:innen z. B. bei diesen Erkrankungen eine psychosomatische Reha in Anspruch:

  • Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts
  • orthopädische Erkrankungen wie Rückenleiden ,
  • Atemwegserkrankungen wie Asthma
  • Geschwächtes Immunsystem
  • Hautstörungen
  • Tinnitus

Vor der Beantragung der Reha ist es wichtig, die Ursache der Krankheit abzuklären. Nur so kann die passende Reha beantragt werden. Beispielsweise Rückenschmerzen kann ein Bandscheibenleiden zugrunde liegen und somit eine orthopädische Reha ratsam sein. Chronischen Rückenschmerzen hingegen werden bei vielen Betroffenen durch eine andauernde Stresssituation verursacht und eine psychosomatische Reha oder eine orthopädische Reha mit hohen psychosomatischen Kompetenzen ist empfehlenswert.

Damit Patienten und Patientinnen einen Anspruch auf psychosomatische Rehabilitation haben, müssen z. B. von Seite der Deutschen Rentenversicherung drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der oder die Betroffene muss trotz der Beschwerden körperlich und psychisch ausreichend belastbar sein, um sich an der Reha aktiv beteiligen zu können.
  • Es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass die Behandlung in der Reha den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen wird.
  • Es gibt eine medizinische Indikation.

Wann ist eine psychosomatische Reha NICHT die richtige Wahl?

Bei einigen psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen sollte davon abgesehen werden, eine psychosomatische Reha in Anspruch zu nehmen. Dazu gehören beispielsweise:

  • Akute Psychose
  • Akuten manische Phase
  • Emotional instabile Persönlichkeitsstörungen
  • Akute Suizidalität

Liegt eine solche Erkrankung vor, sollten Sie sich in ein Krankenhaus für psychosomatische Akutbehandlung begeben. Im Gegensatz Rehakliniken sind die Krankenhäuser darauf ausgerichtet, Patienten und Patientinnen in akuten Krisensituationen zu behandeln.

Auch bei Essstörungen und Suchtverhalten (wie Alkoholsucht oder pathologisches Spielen ) werden Patient:innen nicht in der psychosomatischen Reha aufgenommen. Für die Therapie dieser Krankheiten gibt es eigens spezialisierte Krankenhäuser und Rehakliniken.

Antrag und Bewilligung

Bei einer Anschlussheilbehandlung übernimmt der Sozialdienst der Krankenhäuser die Anmeldung zur Reha und meistens wird Ihnen innerhalb von zwei Wochen ein Reha-Platz zugewiesen.

Außerhalb dieser Maßnahme muss eine Reha als Heilverfahren mit einem Formular beantragt werden. Sie müssen den Reha-Antrag ordentlich begründen und am besten mit ärztlichen Befunden darlegen, weshalb eine Reha für Sie notwendig ist. Hatten Sie kürzlich eine Reha, so besteht eine Wartefrist von vier Jahren für einen erneuten Antrag. Bei Ablehnung dürfen Sie Widerspruch einlegen. Die Wartezeiten bis zum Start der Reha variieren von Klinik zu Kliniken, können aber mehrere Monate betragen.

Sie können eine Reha in der Regel alle vier Jahre wiederholen. Wenn die medizinische Notwendigkeit besonders groß ist, wird die Reha manchmal auch vor Ablauf der vier Jahre bewilligt.

Sowohl bei der Anschlussheilbehandlung als auch beim Heilverfahren haben die Patient:innen die Möglichkeit, das Wunsch- und Wahlrecht zu nutzen – also die Rehaklinik selbst auszusuchen.

Kosten und Zuzahlung

Die Reha-Kosten werden in der Regel von den Kostenträgern, also vorrangig den Krankenversicherungen und Rentenversicherungen, getragen. Wenn keine Kostenübernahme genehmigt wird, muss man privat bezahlen, was sehr teuer werden kann, da die Tagessätze oft bei 500 Euro liegen. Damit Kranken- und Rentenversicherungen die Kosten übernehmen, muss ein medizinischer Befund mit entsprechender Diagnose und Rehabilitationsnotwendigkeit vorliegen.

Eine Zuzahlung von 10 Euro am Tag müssen alle Versicherten zahlen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Bei einem Rentenversicherungsträger muss man allerdings nur maximal 42 Tage zuzahlen. Bei einer Anschlussheilbehandlung sind es bei der Krankenkasse 28 Tage und beim Rentenversicherungsträger 14 Tage. Befreit sind Sie, wenn Sie im Kalenderjahr bereits für eine medizinische Leistung wie einen Krankenhausaufenthalt schon Zuzahlungen geleistet haben.

Für Arbeitgeber besteht eine Entgeltfortzahlungspflicht für den Reha-Zeitraum. Die Lohnfortzahlung ist auf sechs Wochen anberaumt. Ist dieses Zeitfenster geschlossen, übernehmen die Sozialleistungs- oder Sozialversicherungsträger die Leistungen.

Dauer einer psychosomatischen Reha

Eine psychosomatische Reha wird in der Regel für drei Wochen genehmigt. Da es sich aber um eine komplex Erkrankung handelt, sind Verlängerungen möglich bzw. sogar notwendig. Häufig verbringen Patient:innen meist vier bis sechs Wochen in der Rehaklinik. Eine längere Behandlung stellt allerdings nicht zwangsläufig eine effektivere Behandlung dar.

Eine Frau sitzt in sich zusammengefallen auf dem Boden und hält sich eine Hand vor die Stirn. Sie scheint in einer depressiven Stimmungslage zu sein.
Durch ein Aufenthalt in einer Rehaklinik können Krankheitsfolgen überwunden werden und die Betroffenen dabei unterstützen im Alltag zurechtzukommen.

Wie läuft eine psychosomatischen Reha ab?

Der Aufenthalt beginnt mit einer eingehenden Untersuchung, auf deren Grundlage die genauen Ziele für die Zeit der Rehabilitation festgelegt werden. Außerdem erhalten Sie den Therapieplan, aus dem hervorgeht welche Behandlungen Sie wann in Anspruch nehmen können.

Im Zentrum der Therapie stehen psychotherapeutische Gespräche und die Begleitung durch Fachärzte oder Fachärztinnen für Psychosomatik. Für viele Betroffene kann eine medikamentöse Behandlung gute Ergebnisse erzielen. Der Aufenthalt in einer Rehaklinik bietet die ideale Möglichkeit, um die Wirkung bisher eingenommene Medikamente zu überprüfen und Dosis und Wirkstoff gegebenenfalls anzupassen. Für das Gelingen der Therapie ist allerdings nicht allein das medizinische und therapeutische Personal zuständig, sondern auch die Patient:innen selbst sollten aktiv an ihrer Genesung arbeiten. Eine psychosomatische Reha erfordert eine gute Zusammenarbeit von den Erkrankten und den verschiedenen beteiligten Berufsgruppen, um einen Veränderungsprozess auszulösen.

Die jeweiligen Anwendungen und Behandlungen, die im Rahmen der Reha angeboten werden, finden in Einzel- oder Gruppensettings statt. Häufig werden die Gruppen entsprechend dem Krankheitsbild zusammengestellt. Dies kann Betroffenen sehr dabei helfen, sich mit den Schwierigkeiten und Schmerzen, die ihre Erkrankung mit sich bringt, angenommen und verstanden zu fühlen. Therapeut:innen und Mitpatient:innen bieten eine gute Unterstützung im Prozess der Selbstfindung.

Je nachdem welche körperlichen oder psychischen Beschwerden vorliegen, kann die Behandlung sehr unterschiedlich ausfallen. Fachbereiche, die Ihnen während einer psychosomatischen Rehabilitation begegnen können, sind beispielsweise:

Außerdem kommen verschiedene andere Methoden wie zum Beispiel Entspannungsverfahren, Ergotherapie und Ernährungsberatungen zum Einsatz. Kreative Angebote wie Kunst- oder Musiktherapien bieten vielen Betroffenen die Möglichkeit, ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen. In vielen Klinik stellt zusätzlich die Bewegung einen großen Bestandteil der Behandlung dar. Hierzu gibt es Angebote wie Physiotherapie sowie verschiedene Bewegungsgruppen und Sporttherapie. Je nach Lage und Möglichkeiten der Klinik können auch gemeinsame Spaziergänge und Ausflüge in die Natur unternommen werden.

Eine psychosomatische Reha mit Begleitperson?

Bei einer Reha ist es grundsätzlich möglich, Begleitpersonen mitzunehmen. Wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, übernimmt die Krankenkasse oder die Rentenversicherung auch die Kosten für Begleitpersonen. Da nicht alle Kliniken die Mitnahme von Begleitpersonen, speziell Kinder oder pflegebedürftiger Angehöriger erlauben, sollten Sie sich bei Auswahl einer Rehaklinik darüber informieren, ob die Möglichkeit dazu besteht. In einigen Rehakliniken ist auch die Mitnahme von Haustieren (Hund oder Katze) möglich. Nehmen Sie am besten Kontakt zum zuständigen Kostenträger auf und fragen nach, ob die Kosten übernommen werden können oder ob Zusatzkosten auf Sie zukommen.

Die Mitnahme von Begleitpersonen kann aus persönlichen Gründen unumgänglich oder auch förderlich für den Genesungsprozess sein. Für andere Patient:innen ist es wichtig, eine Zeit räumlich und persönlich Abstand zu gewinnen und sich auf die Therapie zu konzentrieren.

Psychosomatische Nachsorge

Im Anschluss an den Aufenthalt in der Rehaklinik kann es sinnvoll sein, eine sogenannte Nachsorgebehandlung in Anspruch zu nehmen, um die erlernten Verhaltensweisen bestmöglich in den Alltag zu integrieren. Viele Patienten und Patientinnen stellen fest, dass es schwierig ist, die neu erworbenen Strategien aus der geschützten Umgebung der Klinik zu übernehmen.  Die deutsche Rentenversicherung bietet das Programm Psy-RENA an. Die Betroffenen haben dabei einen Anspruch auf 25 wöchentliche Gesprächstermine, die in einer Gruppe von 8-10 Teilnehmer:innen stattfinden. In einzelnen Fällen können auch 8 Termine als Einzelgespräche durchgeführt werden. Die Nachsorge kann auch digital stattfinden, weitere Informationen liefert z. B. der Anbieter Psyrena.

Viele Patienten und Patientinnen besuchen zusätzlich eine Einzelpsychotherapie, die meist über die gesetzlichen Krankenkassen finanziert ist und eine gute Ergänzung zur Nachsorge darstellen kann.

Fazit

Alles in allem ist eine psychosomatische Reha eine wichtige Maßnahme zur Unterstützung Betroffener von psychisch bedingten Beschwerden wie Burnout und Depressionen. Sie dient der Linderung der Symptome und der psychotherapeutischen Arbeit mit dem Ziel, die Patient:innen langfristig belastbar zu machen.

Portrait von Friederike Preuß

Geschäftsbereich Kundenbetreuung und Marketing
DAS REHAPORTAL