Patienten und Patientinnen mit Tinnitus hören Ohrgeräusche wie etwa Pfeifen, Rauschen oder Summen. Die Störung ist nicht als gefährlich einzustufen. Für manche Menschen bedeutet jedoch ein chronisch gewordener Tinnitus eine deutliche Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität. In etwa 70 % der Fälle löst sich der Tinnitus von selbst wieder auf.
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Patient:innen mit Tinnitus hören Ohrgeräusche wie etwa Pfeifen, Rauschen oder Summen. Die Störung ist grundsätzlich erst einmal nicht als gefährlich einzustufen. Grundsätzlich gilt, dass Tinnitus nur dann zu einer Therapie führt, wenn der Betroffene sich hierdurch beeinträchtigt fühlt. Das Geräusch als solches ist nicht gefährlich und kann - anders als vom Betroffenen häufig befürchtet - nicht zu körperlichen Schäden, z. B. einer Hörbeeinträchtigung führen. Für manche Menschen bedeutet jedoch ein chronisch gewordener Tinnitus eine deutliche Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität. Bei der überwiegenden Zahl von Tinnitus-Betroffenen verschwindet der Tinnitus auch ohne Therapie innerhalb weniger Tage, Wochen oder Monate wieder.
Wenn gleichzeitig mit dem Tinnitus ein plötzlicher Hörverlust auftritt, dessen Ursache nicht ersichtlich ist, spricht man von einem "Hörsturz". Dann sollten Sie innerhalb weniger Arbeitstage die Hausärzt:in oder eine HNO-Ärzt:in aufsuchen. Bestehen die Ohrgeräusche über mehrere Wochen, sollten Sie zur Abklärung ebenfalls möglichst bald den Arzt aufsuchen.
Man unterscheidet anhand der zeitlichen Dauer den akuten und den chronischen Tinnitus. Die zeitliche Grenze scheint zwar klar festgelegt, für das diagnostische Vorgehen oder die Therapie hat die zeitliche Abgrenzung aber wenig Bedeutung:
Akuter Tinnitus:
Hier liegt der Tinnitus-Beginn weniger als drei Monate zurück. Während dieses Zeitintervalls verschwindet das Geräusch auch oft auch spontan wieder.
Chronischer Tinnitus:
Der Tinnitus ist schon länger als drei Monaten wahrnehmbar. Jetzt ist die Wahrscheinlichkeit eines Verschwindens mit und ohne Therapie deutlich geringer. Ziel der Therapie ist es jetzt, zu lernen, mit dem Tinnitus zurechtzukommen.
Zunächst einmal muss betont werden, dass die Übersetzung des Tinnitus als Ohrgeräusch zwar der Wahrnehmung entspricht, weil für uns alle Geräusche auf das Ohr projiziert werden. Das Ohr ist aber nicht der Ort der Entstehung, sondern es handelt sich um eine Veränderung der Wahrnehmung in zentralen Abschnitten des Gehirns (u. a. zentrale Hörbahn, emotionale Bewertung und Aufmerksamkeitssteuerung im Mittelhirn). So würde der Tinnitus nicht aufhören, wenn man den Hörnerv unmittelbar nach Austritt aus dem Innenohr unterbrechen würde. Das bedeutet die Information Tinnitus kann nicht aus dem Ohr kommen, sonst müsste sie danach verschwunden sein.
Tinnitus äußert sichbei jeder Patient:in unterschiedlich an. Die Ohrgeräusche können beispielsweise als Piepen, Brummen, Summen oder Surren, Rauschen oder Kreischen auftreten, aber auch andere Tinnitusvarianten sind beschrieben. Die Töne sind bei manchen Menschen gleichbleibend intensiv, oder sie schwellen rhythmisch an und ab. Grundsätzlich kommt der überwiegende Teil der Patient:innen mit dem Tinnitus ohne therapeutische Intervention im Wesentlichen gut zurecht ("habe zwar Tinnitus, stört mich meist nicht", "habe mich daran gewöhnt", sind häufige Aussagen). Erst wenn der Tinnitus zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität führt, entsteht die Notwendigkeit einer ärztlichen und/oder therapeutischen Intervention.
Häufige Belastungsfaktoren in Zusammenhang mit Tinnitus können sein:
Solche Belastungen können beim Tinnitus-Patient:innen mittels standardisierter Fragebögen erfasst werden (z. B. Tinnitus Questionaire TQ; Tinnitus Handicap Inventory THI).
Tinnitus ist keine eigenständige Krankheit. Er ist vielmehr ein Symptom für unterschiedliche Störungen.
Mögliche körperliche oder seelische Ursachen können sein:
Körperliche Ursachen
Seelische Ursachen
Nur selten kann eine einzelne Ursache erkannt und bewiesen werden. Für die Entstehung von Tinnitus sind oft komplexe Vernetzungen ausschlaggebend, die zwischen Gehör und Gehirn bestehen. Man unterscheidet:
Subjektiven Tinnitus: Der subjektive Tinnitus kommt am häufigsten vor. Er ist ausschließlich von den Betroffenen zu hören, er lässt sich nicht für andere hörbar machen.
Objektiver Tinnitus: Objektiver Tinnitus ist extrem selten. Er entsteht durch eine messbare Schallquelle am Ohr. Mithilfe spezieller Geräte kann der Arzt die Ohrgeräusche des Patienten hörbar machen.
Bei akuten Ohrgeräuschen ist Ihre HNO – Ärzt:in erste Ansprechpartner:in. Sie untersucht die Ohren, das gesamte Gehör und weitere Organe. Im Gespräch erhebt sie die bisherige Krankheitsgeschichte. Sie fragt nach dem Beginn, nach eventuellen Auslösern wie etwa Lärmbelastung oder Stress und nach Vorerkrankungen. Sie wird Sie zudem die Ohrgeräusche genau beschreiben lassen.
Anschließend kommen unter anderem folgende Untersuchungen zur Anwendung:
Die Behandlung hängt stark vom Einzelfall ab. Es gibt keine generelle, eindeutig wirksame Therapie. Verschiedene Methoden kommen zum Einsatz.
Besteht ein neu aufgetretener Tinnitus (akuter Tinnitus) mit Hörverlust, so liegt häufig ein Hörsturz vor. Dann sollte möglichst innerhalb von 2 Werktagen die Untersuchung bei einer HNO-Ärzt:in erfolgen. Vermutlich werden die oben beschriebenen Untersuchungen vorgenommen, die Therapie zunächst aber ca. 1 Woche zurückgestellt. Erholt sich der Hörverlust innerhalb dieses Zeitraum nicht, sollte eine kurzzeitige (ca. 1 Woche) Kortison-Therapie durchgeführt werden. Normalisiert sich innerhalb dieses Zeitraums das Hörvermögen, verbleibt aber der Tinnitus kommt eine Kortison-Therapie nicht in Betracht, da Kortison nur das Hörvermögen beeinflussen kann. Dann wird die Ärzt:in mit Ihnen individuell das weitere Vorgehen besprechen, eine Infusionsbehandlung ist heute aber nicht mehr indiziert. Im Übrigen wird nach der Europäischen Tinnitus-Leitlinie 2019 auch eine subjektiv deutliche Zunahme der Lautheit bei einem vorbestehenden Tinnitus ohne Hörverlust nicht mit Infusionen oder Kortison behandelt.
Wenn das Ohrensausen mehr als drei Monate andauert, sprechen die Mediziner:innen von einem chronischen Tinnitus. Hier ist die Linderung der Symptome das primäre Therapieziel. Eine gezielte Behandlung ist schwierig. Bestimmte erlernbare Verhaltenstechniken können helfen, das subjektive unangenehme Empfinden zu verändern.
Dr. Volker Kratzsch beantwortet häufige Fragen zum Thema Tinnitus - hier geht es zum Interview.
Tinnitus InterviewEine starke Empfehlung spricht die Europäische Tinnitus Leitlinie 2019 für eine Tinnitus-bezogene Verhaltenstherapie aus. Die Patient:in soll mittels Verhaltenstherapie Strategien erlernen, mit dem anhaltenden Tinnitus besser umgehen zu können. Stress verstärkt in der Regel den Tinnitus. Daher sind auch Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Yoga hilfreich. Wichtig ist zudem eine umfassende Aufklärung des Patienten, dass der Tinnitus nicht bedrohlich ist, insbesondere um sinnlose Therapieversuche zu vermeiden. Gerade eine unreflektierte Recherche im Internet (ca. 20 Mio. Ergebnisse) kann zu einer Vielzahl sinnloser Maßnahmen sowie über eine intensivere Beschäftigung mit dem Tinnitus zu einer Beschwerdezunahme führen.
Geht der Tinnitus mit einer Hörstörung einher, sind Hörgeräte sinnvoll. In vielen Fällen nimmt der Tinnitus ab, wenn sich das Hörvermögen normalisiert.
Was Sie selbst tun können :
In einer Rehaklinik werden Patient:innen mit Tinnitus umfassend behandelt, um die Symptome der Erkrankung zu lindern und ihnen den Umgang damit zu erleichtern. Das Ziel ist es, den Betroffenen eine verbesserte Lebensqualität zu ermöglichen und ihnen Strategien an die Hand zu geben, wie sie im Alltag besser mit dem Tinnitus leben können.
Die therapeutischen Maßnahmen in der Reha sind vielfältig und interdisziplinär ausgerichtet, um sowohl die körperlichen als auch die psychischen Aspekte der Erkrankung zu adressieren. Zu den Kernangeboten gehören:
Zusammengefasst bietet eine Tinnitus-Rehabilitation ein breites Spektrum an Therapien und Aktivitäten, die speziell darauf ausgerichtet sind, den Patienten zu helfen, ihre Symptome besser zu managen und die Lebensqualität zu steigern.
Eine Rehabilitation bei Tinnitus kommt für Personen in Frage, die unter anhaltenden oder besonders belastenden Tinnitus-Symptomen leiden und deren Lebensqualität dadurch erheblich beeinträchtigt wird. Typischerweise werden für eine Reha folgende Patientengruppen berücksichtigt:
Die Entscheidung für eine Reha erfolgt oft nach einer umfassenden medizinischen und psychologischen Beurteilung durch Fachärzt:innen und Therapeut:innen, die das Ausmaß der Beeinträchtigung durch den Tinnitus und das Potenzial für eine Verbesserung durch rehabilitative Maßnahmen bewerten. In Deutschland bedarf es in der Regel einer Überweisung durch einen Facharzt und einer Kostenübernahmeerklärung durch die Krankenversicherung oder Rentenversicherung, um an einem solchen Programm teilnehmen zu können.
Tinnitus kann oft nicht vollständig geheilt werden, aber es gibt verschiedene Behandlungsmethoden, die helfen können, die Symptome zu lindern. Dazu gehören Hörtherapien, Entspannungstechniken, kognitive Verhaltenstherapie und manchmal Medikamente. Die effektivste Behandlung hängt von der individuellen Ursache und Schwere des Tinnitus ab.
Tinnitus entsteht, wenn das Gehirn aufgrund von Veränderungen in der Hörbahn fehlerhafte Nervensignale als Geräusche interpretiert. Häufige Ursachen können Hörverlust, Lärmbelastung, bestimmte Medikamente oder Kopf- und Nackenverletzungen sein.
Auslöser für Tinnitus können eine Vielzahl von Faktoren sein, darunter Lärmexposition, Stress, Ohrinfektionen, Blockierungen im Ohrkanal und der Einsatz ototoxischer Medikamente. Auch psychologische Faktoren wie Stress und Angstzustände können Tinnitus verschlimmern.
Es gibt keine spezifischen Mängel, die direkt mit Tinnitus verbunden sind, aber bestimmte Ernährungsdefizite wie Zink, Magnesium und Vitamin B12 können mit einer erhöhten Anfälligkeit für Hörprobleme in Verbindung stehen, die wiederum Tinnitus verschlimmern können. Eine ausgewogene Ernährung und eine gute allgemeine Gesundheit können dazu beitragen, die Symptome zu mildern.
AWMF online (2021): Chronischer Tinnitus. Online: https://register.awmf.org, zuletzt aufgerufen am 9.7.2024
HNO (2019): Tinnitus: psychosomatische Aspekte. 67:137-152, DOI DOI 10.1007/s00106-019-0609-7
Bayerisches Ärzteblatt (2015): Diagnostik und Therapie des chronischen Tinnitus. Online: https://www.bayerisches-aerzteblatt.de, zuletzt aufgerufen am 9.7.24
Chefarzt Abt. Hören, Tinnitus & Schwindel-Erkrankungen