Depression

Portrait von Dr. Arthur Hatzfeld
Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Chefarzt der Fachklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Zuletzt aktualisiert: 06.06.2024 | Lesedauer: ca. 11 Min.

Depressionen sind eine ernstzunehmende Erkrankung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärt, Depressionen seien weltweit die häufigste Ursache für gesundheitliche Beeinträchtigung. Das Gesundheitssystem in Mitteleuropa stellt den Betroffenen wirksame und umfassende Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.

Auf dieser Seite erhalten Sie Informationen über die Erkrankung der unipolaren Depression. Finden Sie heraus, welche Symptome, Ursachen und Therapiemöglichkeiten es gibt. Und erfahren Sie mehr darüber, wie eine anschließende Rehabilitation betroffenen Menschen den Wiedereinstieg in den Alltag ermöglicht.

Symptome einer unipolaren Depression

Gefühle - auch negative - gehören zum Leben. Nicht jedes emotionale Tief ist eine Depression. Die Diagnosestellung einer depressiven Störung erfolgt durch Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen. Die International Classification of Diseases (ICD-10), der Diagnose-Katalog der Weltgesundheitsorganisation, legt die entsprechenden Kriterien fest. Unter den Kodierungen F32 und F33 sind die sogenannten „Depressiven Episoden“ zusammengefasst.

Zu den drei Hauptsymptomen gehören:

  • Gedrückte Stimmung: Depressive Personen beschreiben ihre Stimmungslage häufig als gedrückt und niedergeschlagen. Auch eine innere Leere und Gefühllosigkeit treten häufig auf.
  • Freudlosigkeit bzw. Interessenverlust: Dinge, die für die betroffene Person vor der Erkrankung von Bedeutung waren, werden zunehmend vernachlässigt. Hobbys, der Beruf und soziale Kontakte bereiten den Betroffenen keine Freude mehr.
  • Verminderter Antrieb mit erhöhter Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung: Im Rahmen einer Depression kann der Antrieb vermindert sein. Das bedeutet, dass die Betroffenen sich nur schwer dazu aufraffen können, alltägliche Dinge zu tun und sogar Einkaufen oder Körperpflege viel Kraft erfordern. 

Zu den häufigen Zusatzsymptomen zählen unter anderem:

  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • vermindertes Selbstvertraue
  • Schuldgefühle und Gefühle eigener Wertlosigkeit
  • negativer oder pessimistischer Blick in die Zukunft
  • Gedanken sich etwas anzutu
  • veränderter Appetit
  • Schlafstörungen.

Depressionen können auch körperliche Beschwerden auslösen, für die sich keine organischen Ursachen finden lassen. Man spricht in diesem Fall von somatischen Symptomen. 
Typische körperliche Symptome sind beispielsweise:

  • Kopf- und Rückenschmerzen
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Veränderungen von Appetit und Gewicht
  • Sexuelle Unlust
  • Unruhe oder Verlangsamung.

Liegen bei Ihnen oder einer Ihnen nahestehenden Person mehrere der Haupt- und Nebensymptome vor, kann eine Depression die Ursache sein. Eine ärztliche Abklärung der Symptome ist in diesem Fall ratsam.

Episoden einer unipolaren Depression

Von einer unipolaren Depression spricht man, wenn einzelne oder wiederkehrende depressive Phasen auftreten. Je nachdem, wie ausgeprägt die Symptome sich zeigen und den Alltag der Betroffenen beeinträchtigen, unterscheidet man leichte, mittelgradige und schwere depressive Episoden. 

  • Leichte depressive Episode: Eine leichte depressive Episode zeichnet sich durch das Vorhandensein von mindestens zwei Hauptsymptomen und zwei Zusatzsymptomen aus. 
  • Mittelgradig depressive Episode: Bei einer mittelgradig depressiven Phase liegen zwei Hauptsymptome und mindestens drei Zusatzsymptome vor.
  • Schwere depressive Episode: Schwere depressive Episoden weisen alle drei Hauptsymptome und mindestens vier Zusatzsymptome auf.

Bitte beachten Sie: Die Beschwerden müssen über mindestens zwei Wochen bestehen, um auf eine Depression hinzudeuten. Darüber hinaus ist es zu empfehlen, auf eine eigene Diagnosestellung weitgehend zu verzichten und stattdessen ärztliche, fachärztliche oder psychotherapeutische Expertise in Anspruch zu nehmen.

Weitere Formen von affektiven Störungen

Bipolare affektive Störung:

Neben den depressiven Episoden kommt es zeitweise auch zu manischen Episoden, die mit gehobener Stimmung, einem starken Tatendrang, Ruhelosigkeit und unvernünftiger Risikobereitschaft einhergehen können. 

Chronisch depressive Verstimmung (Dysthymie):

Unter einer Dysthymie versteht man eine etwas leichter ausgeprägte Form einer depressiven Störung, die mindestens zwei Jahre andauert. Obwohl die Symptome vergleichsweise weniger stark ausgeprägt sind, kann die Erkrankung durch ihre Dauer sehr belastend sein. Tritt während der Dysthymie zusätzlich eine depressive Episode auf, so spricht man von einer sog. „Double Depression“. 

Saisonal bedingte Depression:

Bei einigen Menschen tritt die depressive Symptomatik besonders in den dunklen Herbst- und Wintermonaten auf. Im Frühling verschwindet sie dann wieder („Winterdepression“). 

Wochenbettdepression:

Nach einer Geburt erleben manche Mütter starke Stimmungsschwankungen und Niedergeschlagenheit. Daraus kann sich eine sogenannte postpartale bzw. postnatale Depression („Wochenbettdepression“) entwickeln. 

Diagnose einer unipolaren Depression

Depressionen werden häufig nicht oder spät erkannt. Dies liegt u.a. daran, dass die Erkrankung sehr verschiedene Ausprägungen annehmen kann. Vielen Menschen fällt es schwer, über psychische Probleme zu sprechen, weshalb sie sich davor scheuen, sich anderen Menschen – also auch Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen - anzuvertrauen.

Betroffene Personen sollten nicht zögern, sich an Hausärzt:innen, Psychiater:innen oder Psychotherapeut:innen zu wenden, wenn der Verdacht auf eine Depression besteht, weil eine möglichst frühzeitige Diagnosestellung die Behandlung erleichtert, einem chronischen Verlauf vorbeugen und weitere psychische sowie soziale Begleiterscheinung verhindern kann.

Hausärzt:innen sind häufig die erste Anlaufstelle. Depressionen gehören zu den fünf häufigsten Krankheiten, die in hausärztlichen Praxen behandelt werden. Sie können durch körperliche Untersuchungen organische Ursachen wie beispielsweise Schilddrüsenerkrankungen als mögliche Ursache ausschließen. Auch eine medikamentöse Behandlung oder supportive Gespräche können Hausärzt:innen übernehmen. 

In Ergänzung verfügen auch Fachärzt:innen für Psychiatrie und Psychotherapie, für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Psychologische Psychotherapeuten bei der Diagnostik und Therapie von depressiven Störungen über viel Erfahrung.

Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen werden bei dem Verdacht auf eine Depression zunächst mit einer ausführlichen Erhebung der Krankheitsvorgeschichte beginnen und dann auch auf die aktuelle Lebenssituation der betroffenen Person erfassen. 

Folgende Fragestellungen kommen dabei u.a. in Betracht:

  • Depressive Stimmung
    • „Haben Sie sich in den letzten zwei Wochen durchgehend niedergeschlagen oder traurig gefühlt?“
    • „Gab es Zeiten, an denen Ihre Stimmung besser oder schlechter war?“
  • Interessenverlust und Freudlosigkeit
    • „Haben Sie in der letzten Zeit das Interesse oder die Freude an wichtigen Aktivitäten (Beruf, Hobby, Familie) verloren?“
    • „Hatten Sie in den letzten zwei Wochen fast ständig das Gefühl, zu nichts mehr Lust zu haben?“
  • Erhöhte Ermüdbarkeit und Antriebsmangel
    • „Haben Sie Ihre Energie verloren?“
    • „Fühlen Sie sich ständig müde und abgeschlagen?“
    • „Fällt es Ihnen schwer, die Aufgaben des Alltags wie gewohnt zu verrichten?“
       
Ein Mann liegt nachdenklich im Bett. Die Anzeichen einer Depression sind vielfältig. Auch Schlafstörungen und ein pessimistischer Zukunftsblick sind Charakteristika für eine Depression.

Verbreitung von Depressionen in der Bevölkerung

Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe geht davon aus, dass rund acht Prozent aller Personen in Deutschland zwischen 18 und 79 Jahren im Laufe eines Jahres an einer Depression erkranken. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer. Im europäischen Vergleich ist der Anteil von

Depressionen in Deutschland relativ hoch. In der EU erkranken durchschnittlich 6,6% der Bevölkerung an einer Depression. Ob die Zahl der Betroffenen seit Jahren steigt, wird in der Forschung teilweise kontrovers diskutiert.

Tatsache ist: die moderne Hirnforschung und gesamtgesellschaftliche Entwicklungen führten dazu, dass die Sensibilität gegenüber psychischen Erkrankungen stieg. Depressive Menschen nehmen dadurch vermehrt ärztliche und psychotherapeutische Hilfe in Anspruch und sprechen inzwischen auch eher im persönlichen Umfeld über ihre Erkrankung.

Ursachen und Risikofaktoren einer Depression

Es handelt sich ursächlich um ein sog. multifaktorielles Geschehen, bei dem unterschiedliche Faktoren wie Vererbung, Lebensgeschichte, Persönlichkeitsstruktur, Störungen des Gehirnstoffwechsels etc. eine Rolle spielen.

Therapie der Depression

Ärzt:innen, Fachärzt:innen und Psychotherapeut:innen behandeln depressive Episoden mit unterschiedlichen evidenz-basierten, d. h. wissenschaftlich auf ihre Wirksamkeit hin untersuchten Therapieformen. Gemeinsam mit den Betroffenen bespricht der oder die behandelnde Ärzt:in die passenden Behandlungsschritte.

Bei leichten Depressionen ist es durchaus möglich, dass der oder die Ärzt:in beobachtet, ob die Beschwerden zeitnah von selbst abklingen. Dafür gibt es regelmäßige Gesprächstermine, um den oder die Patienten:in zu unterstützen und die Symptome engmaschig zu überwachen.

Bei einer mittelgradig depressiven Episode setzt die Medizin überwiegend auf psychotherapeutische und/oder medikamentöse Therapieverfahren. Es gibt verschiedene von den gesetzlichen Krankenversicherungen anerkannte Formen der Psychotherapie wie beispielsweise die kognitive Verhaltenstherapie, die Psychoanalyse, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder die systemische Therapie. Welche Form jeweils geeignet ist, sollten Betroffene gemeinsam mit den behandelnden Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen entscheiden.

Zur medikamentösen Therapie können stimmungsaufhellende Wirkstoffe (umgangssprachlich Antidepressiva genannt) eingesetzt werden. Bei schweren depressiven Episoden kommen beide Verfahren in Kombination zum Einsatz und häufig ist eine stationäre Behandlung erforderlich.

Depressionen können ambulant, teil- oder vollstationär in Psychosomatischen oder Psychiatrischen Krankenhäusern und in Psychosomatischen Rehabilitationskliniken behandelt werden. Letztere kommen zum Einsatz, wenn durch die Erkrankung bereits Auswirkungen auf die sog. Teilhabe eines Menschen eingetreten sind, wie beispielsweise längere Zeiten von Arbeitsunfähigkeit.

Rehabilitation bei Depressionen

Depressionen sind grundsätzlich heilbar. Wie das Deutsche Ärzteblatt berichtet, nehmen viele Menschen nach der Krankheit ihr bisheriges Leben wieder auf.

Portrait von Dr. Arthur Hatzfeld
Depressionen oder ungünstige Lebensumstände können den Weg zurück ins (Arbeits-) Leben aber auch nachhaltig beeinträchtigen. Auch in solchen Situationen verfügt das Gesundheitswesen über Angebote für die Betroffenen.
Dr. Artur Hatzfeld

Psychosomatische Rehabilitationskliniken leisten einen wesentlichen Beitrag bei der Überwindung von Krankheitsfolgen und unterstützen die Betroffenen dabei, wieder zurück in ihren Alltag zu finden. Viele dieser Rehabilitationskliniken werden im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung tätig.
Laut Sozialgesetzbuch IX besteht Anlass für eine stationäre Rehabilitation, wenn:

  • Behandlungserfolge gefestigt werden sollen
  • Krankheitsfolgen bestehen
  • Ein verbesserter Umgang mit der Erkrankung erreicht werden soll
  • Eine Verbesserung bzw. Sicherung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit angestrebt wird.

Ziele einer Rehabilitation bei Depressionen

Die Ziele einer medizinischen Rehabilitation bei Depression bestehen darin, die Symptome der depressiven Störung deutlich zu mindern und neue Sichtweisen und Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen. Darüber hinaus geht es darum, die psychosoziale und berufliche Leistungsfähigkeit der Patient:innen wiederherzustellen und das Risiko für einen kurzfristigen Rückfall oder eine spätere Wiedererkrankung zu minimieren.

Dies geschieht durch eine intensive Kombination aus Psychotherapie, medikamentöser Therapie, Sport- und Physiotherapie, Ergotherapie, Sozialberatung etc. Je nach Klinik gibt es viele weitere Angebote wie gestalterische Aktivitäten, Vorträge und kulturelle Angebote zur Freizeitgestaltung.

Antrag auf Rehabilitation bei einer Depression

Wenn Sie einen Antrag auf Rehabilitation stellen, sollten Sie Ihr Vorhaben mit Ihren behandelnden Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen abstimmen. Diese werden Sie in der Regel bei Ihrem Vorhaben unterstützen. Für den Antrag benötigen Sie Kopien aller vorhandenen Arztbriefe und Behandlungsunterlagen. Diese reichen Sie zusammen mit Ihrem Antrag und einer Stellungnahme des/der behandelnden Ärzt:in bei Ihrer Rentenversicherung oder Ihrer Krankenkasse ein (Kostenträger der Rehabilitation ). Der Kostenträger prüft, ob die Rehabilitationsmaßnahme in Ihrem Fall sinnvoll und notwendig ist.

Eine Frau sitzt in sich zusammengefallen auf dem Boden und hält sich eine Hand vor die Stirn. Sie scheint in einer depressiven Stimmungslage zu sein.

Fazit

Bei einer Depression handelt es sich um eine schwerwiegende aber vergleichsweise gut behandelbare psychische Erkrankung. Wichtig ist, dass Betroffene Hilfe in Anspruch nehmen, und ihre Symptome ernst genommen werden. In vielen Fällen kann eine Rehabilitation im Anschluss an die Akutbehandlung helfen, einen guten Umgang mit der Erkrankung zu finden. Weiterführende Informationen sind in der „S3-Leitlinie/NVL Unipolare Depression, 2. Auflage“ nachzulesen.

Hilfsangebote bei Depressionen

Anlaufstellen für Betroffene mit Depressionen sind:

Sind Sie in einer Krisensituation?

  • TelefonSeelsorge unter 0800 1110111
  • Spezielle Angebote für Menschen unter 25 Jahren: krisenchat und JugendNotmail
  • In Notfällen, wie beispielsweise bei Gedanken, sich etwas anzutun, können Sie sich außerdem an die 112 wenden.