Schlaganfall

Zuletzt aktualisiert: 29.05.2024 | Lesedauer: ca. 8 Min.

Bei einem Schlaganfall handelt es sich um eine plötzliche Störung der Durchblutung im Gehirn. Mediziner sprechen von einem Apoplex, einer Apoplexia cerebri oder einer Apoplexie. In der Umgangssprache ist häufig auch von einem Hirnschlag die Rede.

Medizinische Definition und Epidemiologie

Schlaganfälle zeichnen sich durch eine massive Fehlfunktion des Gehirns aus, die zu einer andauernden Unterversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen führt. Aufgrund des Sauerstoffmangels  kommt es dabei bereits nach zehn bis fünfzehn Minuten zu einem Absterben von Gehirngewebe.

Die humanmedizinische Literatur unterscheidet zwischen zwei Grundformen der Apoplexia cerebri:

  • Der sogenannte ischämische Schlaganfall ist mit einem Anteil von ca. 80 Prozent der Fälle die wesentliche häufigere Form. Hier ist der Hirnschlag auf eine akute Minderdurchblutung zurückzuführen, die Ischämie genannt wird.
  • Im Gegensatz dazu liegt ein hämorrhagischer Schlaganfall vor, wenn die mangelnde Durchblutung auf einer Blutung des Gehirns beruht. Eine Apoplexia cerebri, die auf eine derartige direkte Hirnblutung zurückzuführen ist, macht ca. 20 Prozent der weltweiten Schlaganfälle aus.

In der Bundesrepublik Deutschland liegt die Häufigkeit von Neuerkrankungen, die sogenannte Inzidenz, bei ca. 180 Fällen unter 100.000 Einwohnern. Damit stellt ein Schlaganfall nach Herzkrankheiten und malignen Tumoren (Krebs ) die dritthäufigste Todesursache in der Bundesrepublik dar. Die Nachbarländer Österreich und Schweiz weisen eine ähnliche Epidemiologie auf.

Schlaganfallpatienten sind zumeist über 70 Jahre alt. Vereinzelt können allerdings auch Kinder und Erwachsene an einem Schlaganfall leiden. Die Überlebenden eines Hirnschlags sind zumeist geistig oder körperlich behindert. Art und Ausmaß der Behinderungen sind dabei einzelfallabhängig.

Symptome: Was bei einem Schlaganfall passiert

Ein Schlaganfall stellt eine massive Beeinträchtigung für den menschlichen Körper dar, die zu verschiedenen neurologischen Störungen und Ausfällen führt. Art und Intensität der Symptome variieren je nach körperlicher Verfassung des Patienten und dem Ort, an dem der Hirnschlag auftritt. Zu den häufigsten Anzeichen eines Schlaganfalls gehört ein akut auftretendes Lähmungs-, Schwäche- oder Taubheitsgefühl auf einer Körperseite. So kommt es bei einigen Betroffenen zu

  • herabhängenden Mundwinkeln oder Augenlidern,
  • gelähmten Armen oder
  • eingeschlafenen Füßen.

Dabei treten die Ausfallerscheinungen stets auf der Körperseite auf, für die die angeschlagene Gehirnseite zuständig ist. So bilden Ausfälle der linken Körperseite ein Indiz für einen Schlaganfall auf der rechten Hirnhälfte und umgekehrt. Einige Betroffene erleiden aufgrund des Schlaganfalls eine Lähmung aller vier Extremitäten (Tetraparese). Darüber hinaus gehören auch Sehstörungen zu den klassischen Symptomen eines Hirnschlags. Die betroffenen Patienten

  • sehen Doppelbilder,
  • haben ein verkleinertes Gesichtsfeld,
  • klagen über ein verschwommenes Bild oder
  • verlieren ihre Sehkraft gänzlich.

Ferner gelten auch die folgenden Anzeichen als typische Symptome:

  • allgemeines Schwächegefühl
  • Bewusstseinsstörungen
  • Empfindungsstörungen
  • Kopfschmerzen
  • starkes Schwindelgefühl
  • Sprachstörungen

Ein Hirnschlag tritt schlagartig, also plötzlich auf. Nichtsdestotrotz konnten Mediziner nachweisen, dass sich bei einem Drittel der Patienten ein Schlaganfall durch eine transitorische ischämische Attacke (TIA) ankündigt. Diese führt zu einem zeitlich begrenzten Auftritt der typischen Symptome eines Schlaganfalls. Die Betroffenen leiden dabei für ca. 24 Stunden unter Lähmungen, Sprach-, Empfindungs-, Bewusstseins- oder Sehstörungen. Im Gegensatz zu einem echten Schlaganfall verschwinden die Symptome allerdings wieder.

Seitliche Röntgenaufnahme eines menschlichen Kopfes. Der Stirnbereich ist farblich hervorgehoben, mit erkennbaren Schlaganfall.
Schlaganfall im Frontallappen

Diagnose eines Schlaganfalls

Jeder Schlaganfall ist ein Notfall, der einer umgehenden Behandlung bedarf. Bereits bei einem bloßen Verdacht sollte deshalb sofort ein Notarzt gerufen werden. Dieser überprüft zunächst die Vitalfunktionen des Patienten. Sofern der Patient ansprechbar ist, erfragt der behandelnde Arzt die aufgetretenen Symptome. Im Krankenhaus sind Neurologen für die Behandlung von Schlaganfallpatienten zuständig.

Der Facharzt prüft den Patienten auf..

  • Koordinationsfähigkeit
  • Berührungsempfindung
  • Seh-, Berührungs- und Sprachvermögen

Eine wirklich belastbare Diagnose ist nur mit Hilfe bildgebender Verfahren möglich. In der Regel veranlassen die behandelnden Ärzte deshalb sofort eine Computertomografie des Kopfes (sogenannte kraniale CT). Die durch dieses Verfahren gewonnenen Bilder des Schädelinnern geben Aufschluss darüber, ob ein Verschluss der Gefäße oder eine Hirnblutung den Schlaganfall ausgelöst hat. Die kraniale CT wird in der Regel durch eine Darstellung der Gefäße (CT-Angiografie) oder eine Messung der Durchblutung (CT-Perfusion) ergänzt. Anstelle einer kranialen CT kann auch eine Kernspin- oder Magnetresonanztomografie (MRT) angeordnet werden, da auch dieses Verfahren Erkenntnisse aus dem Schädelinnern liefert.

Vereinzelt führen Ärzte auch eine separate Röntgenuntersuchung der Gefäße durch. Diese sogenannte Angiografie ist wichtig, um bestehende Missbildungen der Gefäße oder Gefäßlecks sichtbar zu machen. Darüber hinaus erfordert ein Schlaganfall eine umfassende Untersuchung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Herzens. Eine Elektrokardiografie (EKG) oder ein Langzeit-EKG zählen deshalb zu den üblichen diagnostischen Mitteln.

Ferner sind auch diverse Blutuntersuchungen wichtig, um den Verdacht auf einen Apoplex zu bestätigen bzw. näher abzuklären. Untersucht werden insbesondere

  • das Blutbild,
  • die Blutgerinnung,
  • die Blutzuckerwerte,
  • der Elektrolythaushalt sowie
  • die Nierenwerte.

Behandlung eines Schlaganfalls

Die Behandlung eines Schlaganfalls erfordert besondere Fachkenntnisse. Deshalb sollte sie im Idealfall in einer Spezialabteilung (einer sogenannten Stroke Unit) erfolgen. Da es bei einem Schlaganfall zu einer Unterversorgung des Gehirns kommt, sterben Hirnzellen besonders schnell ab. Behandlungsschritte müssen so schnell wie möglich eingeleitet werden, um das Ausmaß der Schäden gering zu halten.

Im Rahmen der ärztlichen Akutbehandlung werden die Vitalfunktionen des Patienten kontrolliert und stabilisiert. Darüber hinaus werden auch die folgenden Parameter überwacht:

  • Atmung
  • Blutdruck
  • Blutzucker
  • Herzfrequenz
  • Körpertemperatur
  • Hirn- und Nierenfunktion
  • Wasser- und Elektrolythaushalt

Behandlung ischämischer Schlaganfälle

Ischämische Schlaganfälle werden durch die sogenannte Lyse-Therapie (Thrombolyse) behandelt. Diese ist darauf gerichtet, den Gefäßverschluss durch gerinnselauflösende Medikamente (Thrombolytika) zu beheben. Hierdurch sollen so viele Nervenzellen wie möglich gerettet werden. Die Medikamente werden in der Regel durch eine Infusion verabreicht wird.

Neben der Lyse-Therapie kommt auch eine mechanische Beseitigung des Blutgerinnsels in Betracht. Im Rahmen einer Thrombektomie schieben Ärzte unter Röntgenkontrolle einen dünnen Katheter über eine Arterie in der Leiste bis zum Gerinnsel im Gehirn vor. Die Entfernung des Gerinnsels erfolgt sodann mit feinen Instrumenten.

Heute entspricht es dem medizinischen Standard, Thrombektomie und Lyse-Therapie zu verbinden.

Behandlung hämorrhagischer Schlaganfälle

Hämorrhagische Schlaganfälle, die auf eine Hirnblutung  zurückzuführen sind, werden weder durch Thrombektomie noch durch eine Lyse-Therapie behandelt. Bei kleineren Hirnblutungen reicht es aus, Aktivitäten zu vermeiden, die zu einem Druckanstieg im Kopf führen. Ausgedehnte Hirnblutungen bedürfen hingegen einer Operation. Bei dieser wird der Schädel des Patienten geöffnet, um den Bluterguss auszuräumen und die blutende Stelle zu verschließen.

Rehabilitationsmaßnahmen nach der Behandlung

Schlaganfälle machen stets eine langfristige Therapie erforderlich. Im Zentrum der einzuleitenden neurologischen Rehabilitationsmaßnahmen  steht stets die Rückkehr zum Alltag. Die Betroffenen sollen trotz der Folgen des Schlaganfalls in ein eigenständiges Leben zurückfinden.

Den motorischen Störungen kann eine Ergotherapie entgegenwirken. Um den Umgang mit Lähmungen zu erlernen, kann Physiotherapie hilfreich sein. Sprachstörungen therapiert ein Logopäde. Die Folgen eines Schlaganfalls führen zu massiven Einschnitten im Lebensalltag der Betroffenen. Es kann deshalb angezeigt sein, psychotherapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Risikofaktoren und Vorbeugung

Einem Schlaganfall kann bedingt vorgebeugt werden, indem Risikofaktoren minimiert werden. Dies muss allerdings frühzeitig geschehen. Zu den Risikofaktoren gehören:

  • fettreiche Ernährung
  • Bewegungsmangel
  • Stress
  • übermäßiger Genuss von Suchtmitteln wie Alkohol und Zigaretten
  • übermäßiger Verzehr von Süßspeisen

Nach einem ischämischen Schlaganfall oder einer TIA verschreiben Mediziner ihren Patienten Thrombozytenfunktionshemmer, um weiteren Anfällen vorzubeugen. Diese häufig als Blutverdünner bezeichneten Medikamente verhindern, dass Blutplättchen verklumpen und so ein Gefäß verstopfen können. Derzeit sind die Wirkstoffe Acetylsalicylsäure, Clopidogrel und Ticlopidin zu entsprechenden Zwecken zugelassen.

Portrait von Dr. Oliver Meier.

Chefarzt Neurologie, Ärztlicher Direktor