Wer an multipler Sklerose erkrankt, ist zunächst mit einer Vielzahl von Fragen und Befürchtungen konfrontiert. Es ist deshalb besonders wichtig zu wissen, dass für die MS trotz ihres fortschreitenden Verlaufs sehr gute Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen. In den meisten Fällen ist Patienten und Patientinnen heute ein weitgehend beschwerdefreies, selbstständiges Leben mit langfristigem Erhalt der Arbeitsfähigkeit möglich.
Die Multiple Sklerose ist eine chronisch verlaufende, entzündliche Erkrankung des Gehirns und des Rückenmarks. Da sie derzeit noch nicht heilbar ist, haben Patienten nach der Diagnosestellung viele Fragen und Befürchtungen. Deshalb ist es wichtig zu wissen, dass es sehr gut wirksame Behandlungsoptionen gibt, die den Verlauf der Erkrankung günstig beeinflussen oder sogar nahezu aufhalten können. In der medizinischen Forschung wird mit Hochdruck in der Ursachenforschung und an neuen Therapien gearbeitet. Ziel ist es, den Patienten ein beschwerdefreies und selbstständiges Leben zu ermöglichen.
Die Entstehung der Erkrankung ist bis jetzt noch nicht vollständig geklärt und weiter Gegenstand zahlreicher Untersuchungen.
Es wird davon ausgegangen, dass eine genetische Veranlagung und verschiedene Umweltfaktoren eine Fehlsteuerung des Immunsystems auslösen können. Dieser autoimmunologische Prozess läuft unter Beteiligung verschiedener Zellen, den Lymphozyten, und anderen Bestandteilen des Immunsystems ab. Dabei kommt es zu Entzündungen in Gehirn und Rückenmark. Diese stören die Funktionsfähigkeit der Nervenfasern, indem sie deren Hüllschicht (Myelin) angreifen und so die reibungslose Reizweiterleitung behindern.
Die Multiple Sklerose wird nicht von einem Kardinalsymptom beherrscht. Vielmehr ist sie vom Auftreten sehr verschiedener Einschränkungen gekennzeichnet, die isoliert oder kombiniert auftreten können. Im Volksmund wird die Erkrankung deshalb als „Krankheit der 1000 Gesichter“ bezeichnet.
Folgende körperliche Symptome sind u. a. in verschiedenen Schweregraden zu beobachten:
Nicht alle Symptome treten offen zutage. Patienten können auch von einer übermäßigen Erschöpfbarkeit (Fatigue), Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen und depressiven Verstimmungen betroffen sein.
Der Verlauf der Erkrankung mit Auftreten der verschiedenen Symptome bis hin zu einer körperlichen Behinderung kann im einzelnen Fall kaum vorhergesagt werden. Leichte Verläufe, die kaum zu Einschränkungen der Lebensführung führen, sind häufig.
3 Verlaufsformen können unterschieden werden.
Wesentlich bei der Diagnosestellung sind eine sorgfältige Anamneseerhebung und die körperliche Untersuchung.
Daran schließt sich eine Magnetresonanztomografie (MRT) von Gehirn und Rückenmark an, in der Entzündungsherde nachgewiesen werden können. Mit einer Lumbalpunktion kann Nervenwasser (Liquor) aus dem Spinalkanal entnommen werden, um typische Veränderung des Zellbilds und der Eiweißbestandteile (oligoklonale Banden) zu suchen. Auf diese Weise werden auch wichtige Differenzialdiagnosen (Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen) ausgeschlossen. Ergänzt wird die Diagnostik durch elektrophysiologische Untersuchungen mit denen die Reizleitung in Gehirn und Rückenmark geprüft wird. All diese Untersuchungen werden in ihrer Gesamtheit gewürdigt. Zur Diagnosestellung werden dann die allgemein gültigen Diagnosekriterien (McDonald Kriterien) angelegt
Die Behandlung der Multiplen Sklerose stützt sich auf mehrere Säulen. Der akute Erkrankungsschub wird mit einer Kortisonstoßtherapie behandelt. Damit wird die Rückbildung der Krankheitssymptome (Remission) gefördert. Eine dauerhafte Immuntherapie beeinflusst den langfristigen Krankheitsverlauf durch Reduktion der Schubanzahl und der Schubschwere. Hier steht mittlerweile eine Vielzahl von Medikamenten zur Verfügung, die Patienten selbstständig spritzen, als Tablette einnehmen oder in sehr verschiedenen zeitlichen Abständen mit einer Infusion in die Vene verabreicht bekommen. Das Eintreten von Beeinträchtigungen durch die Erkrankung soll verlangsamt oder gar verhindert werden. Heilbar ist die Erkrankung dagegen nicht.
Symptomatische Medikamente haben keinen Einfluss auf den Krankheitsverlauf. Sie dienen der Linderung von Symptomen wie z. B. schmerzhaften Missempfindungen, Erhöhungen der Muskelspannung (Spastik) oder auch depressiven Verstimmungen. Unterstützt wird die Behandlung durch nicht-medikamentöse Therapien wie Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie. Diese Maßnahmen können Symptome lindern und die Funktionsfähigkeit im Alltag verbessern oder erhalten. Intensiv und individuell können diese Therapien im Rahmen einer multimodalen stationären Rehabilitation stattfinden.
Patienten nehmen nach Erstdiagnosestellung, nach akuten Schüben oder auch wegen chronisch voranschreitender Verschlechterungen mit ganz verschiedenen Schweregraden der Erkrankung stationäre Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch.
Die Rehabilitation soll Funktions- und Aktivitätsstörungen verbessern und so die Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben sichern. Der Erhalt der Erwerbsfähigkeit steht bei den zu Erkrankungsbeginn meist jungen Patienten im Vordergrund. Diese kann durch motorische Symptome, zu nennen ist hier vor allem die Gehfähigkeit, oder auch nicht-motorische Symptome wie übermäßige Erschöpfbarkeit, beeinträchtigt sein. Für Patienten in fortgeschrittenen Krankheitsstadien ist das Erhalten der selbstständigen Lebensführung vordergründig.
Da die Multiple Sklerose eine chronische Erkrankung ist, die in der Regel im jüngeren Erwachsenenalter beginnt, sind in der Rehabilitation Patienten jeden Lebensalters, mit ganz verschiedenen Lebensumständen und Schweregraden der Erkrankung vertreten.
So individuell wie der einzelne Patient ist auch sein Rehabilitationsziel. Dies muss zu Beginn der Rehabilitation von Ärzten und Therapeuten gemeinsam mit dem Patienten herausgearbeitet werden und ist die Grundlage für den individuellen Therapieplan. Multimodal ist dann das Therapieangebot.
Es besteht aus Physiotherapie, Sporttherapie, Ergotherapie, Logopädie, Musik-und Kunsttherapie, Psychologie und Neuropsychologie sowie der individuellen sozialen und der medizinischen Beratung.
Leitende Oberärztin