Vorhofflimmern

Zuletzt aktualisiert: 29.05.2024 | Lesedauer: ca. 8 Min.

Ein gesundes Herz schlägt etwa 60 bis 100 Mal pro Minute in einem regelmäßigen Takt. Wenn das Herz unregelmäßig, schneller oder langsamer schlägt, spricht man von Herzrhythmusstörungen, auch Arrhythmien genannt. Vorhofflimmern ist hierbei die am häufigsten auftretende Herzrhythmusstörung. Beim Vorhofflimmern schlagen die Herzvorhöfe in ungeordneter Weise. Heute sorgen medikamentöse Behandlungen und operative Eingriffe dafür, dass die meisten Patienten ein Leben ohne Beeinträchtigung führen können.

Was ist Vorhofflimmern?

Die Herzschläge werden durch elektrische Ströme im Herzen ausgelöst. Diese Herzströme sorgen dafür, dass sich die Herzvorhöfe und die Herzkammern abwechselnd zusammenziehen und Blut pumpen. Normalerweise entstehen die Herzströme an einer ganz bestimmten Stelle im rechten Herzvorhof. Von diesem natürlichen Herzschrittmacher (Sinusknoten) breiten sich die Herzströme über die Muskeln der Herzvorhöfe zu den Herzkammern aus. 

Vorhofflimmern entsteht, wenn sich die Herzströme nicht normal in den Herzvorhöfen ausbreiten. Bei Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern führen Umbauvorgänge im Muskelgewebe der Herzvorhöfe zu einer zusätzlichen Aktivierung von Herzströmen an anderen Stellen. Die zusätzlichen Herzströme können, ähnlich wie kleine Kurzschlüsse, die normale Ausbreitung der ursprünglichen Herzströme stören.

Die veränderten Herzströme bewirken, dass sich die Wände der Herzvorhöfe nicht mehr regelmäßig zusammenziehen. Die Vorhöfe schlagen dann in einer sehr schnellen Frequenz von 240- bis 340- mal pro Minute. Sie flimmern. Dies ist so schnell, dass nicht jede Erregung zu den Kammern weitergeleitet werden kann. Nur einige der Flimmerwellen werden an die Herzkammern weitergeleitet. Dadurch schlagen die Herzkammern unregelmäßig und bei vielen Patienten und Patientinnen auch sehr schnell.

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Wie häufig tritt Vorhofflimmern auf?

Die Häufigkeit von Vorhofflimmern beträgt in der deutschen Allgemeinbevölkerung durchschnittlich 2,2 Prozent. Sie ist nicht gleich verteilt, sondern nimmt mit dem Alter deutlich zu und erreicht bei 70- bis 80-Jährigen eine Häufigkeit von bis zu 16 Prozent.

Welche Symptome treten bei Vorhofflimmern auf?

Etwa die Hälfte der Patienten und Patientinnen bemerkten das Auftreten von Vorhofflimmern nicht. Die andere Hälfte kann sehr vielfältige Symptome verspüren.  Ein langsamer, schneller oder stolpernder Herzrhythmus kann sich in klar erfahrbarem Herzrasen oder Herzklopfen äußern. Infolge der Belastung kann auch ein Aussetzen des Herzschlages oder ein intensiv spürbarer Puls bis zum Hals hinauf auftreten. Darüber hinaus gehören auch

  • Schmerzen in der Brust,
  • Engegefühle oder
  • Herzstechen

zu den möglichen Symptomen.

Da diese Arrhythmien auch die Leistung des Herzens beeinträchtigen, kann sich Vorhofflimmern auch in Form von

  • Atemnot,
  • Schwindel,
  • Übelkeit,
  • Benommenheit,
  • Verwirrung oder
  • sogar Seh- und Sprachstörungen

äußern. Bei länger anhaltenden Rhythmusstörungen sind sogar Kreislaufkollaps, Bewusstlosigkeit oder in seltenen Fällen auch Krampfanfälle möglich.

Mann in der Natur hält sich die Brust mit beiden Händen aufgrund von Herzschmerzen.

Welche Ursachen für Vorhofflimmern sind bekannt?

Bei rund 30 bis 35 Prozent der Betroffenen können keine Erkrankungsursachen ausgemacht werden. Der Arzt spricht dann von idiopathischem (ohne erkennbare Ursache) Vorhofflimmern. Daneben gibt es eine Reihe von Herzerkrankungen, die zu dieser Form der Arrhythmie führen können: Die koronare Herzkrankheit (mangelhafte Durchblutung der Herzkranzgefäße) ist hier die wichtigste Ursache. Doch auch

  • Bluthochdruck ,
  • Herzklappenfehler (d.h. Funktionsstörungen an den “Ventilen” zwischen den Kammern des Herzens) oder
  • Herzmuskelerkrankungen

führen oft zum Vorhofflimmern.

Darüber hinaus existieren eine Reihe von Vorerkrankungen, die außerhalb des Herzens angesiedelt sind, welche ebenfalls Vorhofflimmern auslösen können. Eine Schilddrüsenüberfunktion z.B. erhöht das Risiko deutlich, auch Operationen im Brustkorb können zu der Erkrankung führen. Darüber hinaus sind Unfälle in Verbindung mit starken Stromschlägen dafür bekannt, Vorhofflimmern auszulösen.

Heutzutage erklären Forscher das Vorhofflimmern vor allem elektrophysiologisch: Der Herzschlag des Menschen wird durch ein Nervengeflecht, den sogenannten Sinusknoten, angetrieben. Durch verschiedene Phänomene kann es nun dazu kommen, dass diese gleichmäßigen Signale durch chaotische elektrische Impulse überlagert werden. Diese entstehen im Vorhof selbst oder in nahegelegenen Venen. Bei länger anhaltenden Arrhythmien beobachtet man dann oft die sogenannte “kreisende Erregung”. Dabei lösen einzelne elektrische Impulse im Vorhof Feedbackschleifen aus, die eine immer neue arrhythmische Bewegung der Muskulatur bedingen.

Woran kann man die Erkrankung erkennen?

Leitsymptom ist der unregelmäßige Herzschlag, den der Arzt / die Ärztin zuerst beim Puls fühlen oder Abhorchen des Herzens mit dem Stethoskop bemerkt oder aufgrund von Berichten der Patient:innen feststellt. Danach wird ein EKG angefertigt, in welchem deutliche Unterschiede zum normalen Sinusrhythmus sichtbar sind. So fehlen dort die Vorhof- oder P-Wellen auf der Grundlinie. An ihrer Stelle sind meist hochfrequente Schwankungen mit kleinem Ausschlag erkennbar, man spricht vom Flimmern der Grundlinie. Der nächste Schritt ist die Aufnahme eines Langzeit-EKGs, um zu erkennen, wie häufig binnen 24 oder 48 Stunden das Vorhofflimmern auftritt.

Daneben muss auch abgeklärt werden, welche Ursachen und Begleiterkrankungen bestehen. Diese geben vor, wie die Behandlung verläuft und wie groß das Risiko für Folgebeschwerden und Komplikationen wie z. B. Thromboembolien ist.

Mann hält sich die Brust auf Höhe des Herzens aufgrund von Schmerzen.

Wie wird Vorhofflimmern behandelt?

Bei mehr als 50 Prozent der Patient:innen endet das Vorhofflimmern nach Ablauf eines Tages von selbst. Das bedeutet, dass der Arzt / die Ärztin in diesem Zeitrahmen vor allem auf die Senkung der Pulsfrequenz abzielt. Dafür werden meist Betablocker verschrieben. Auch Digitalis-Medikamente und Ca-Antagonisten eignen sich für diese Anwendung. Wenn diese Substanzen nicht genügen, kann der Behandler auch sogenannte Antiarrhythmika einsetzen.

Wichtige Risikofaktoren für Vorhofflimmern, wie Bluthochdruck , Schilddrüsenüberfunktion, zu viel Alkoholkonsum und Übergewicht  spielen in der Therapie auch eine entscheidende Rolle. Um zu verhindern, dass sich die Herzrhythmusstörung chronifiziert, müssen diese Grunderkrankungen ebenfalls behandelt bzw. die bestehenden Lifestyle Risikofaktoren ausgeschaltet werden. 

Sollte das Vorhofflimmern schon länger bestehen, sind weiterführende Maßnahmen notwendig. Beginnend mit der regelmäßigen Einnahme von Antiarrhythmika kann die Erkrankung auch operative Eingriffe zur Verödung der Herzinnenhaut oder sogar den Einsatz eines Herzschrittmachers  notwendig machen. Außerdem wächst mit steigender Dauer der Arrhythmie auch das Risiko von Blutgerinnseln im Vorhof des Herzens. Die Behandlung dieser Gefahr sieht vor allem die Einnahme von Gerinnungshemmern vor

Reha bei Vorhofflimmern: In die Zukunft gedacht

Im Anschluss an die Behandlung verschiedener Formen des Vorhofflimmerns sollten Patient:innen für gewöhnlich eine Rehabilitationsbehandlung - eine kardiologische Reha  – durchführen. Deren Ziel ist es, die Betroffenen wieder an die Belastungen des Alltags heranzuführen. Dazu werden Patient:innen nicht nur über Risikofaktoren aufgeklärt, sondern von den Therapeut:innen auch dabei unterstützt, diese effektiv zu reduzieren. Sie erlernen auch, wie sie Stress- und Konfliktsituationen so meistern können, dass keine negativen Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System entstehen.

Sportliche und physiotherapeutische Maßnahmen wie

  • Gymnastik,
  • Ergometertraining,
  • Schwimmen,
  • Gefäßtraining oder
  • Kraft Gerätetraining

bessern zudem die Ausdauer und Herz-Kreislauf-Funktion. Da bei Patient:innen mit fortgeschrittenem Alter auch oftmals orthopädische Beschwerden auftreten, gehören auch gezielte krankengymnastische therapeutische Maßnahmen sowie entspannende Therapieformen wie Massagen, Fango, TENS-Behandlungen und Elektrotherapie dazu. Sie zielen darauf ab, die Beweglichkeit der Betroffenen wieder zu erhöhen und dadurch ein besseres Training und z. B. auch Gewichtsreduktion zu ermöglichen

Fazit

Vorhofflimmern ist eine häufige Erkrankung, die Ärzt:innen aber mit modernen Therapien gut in den Griff bekommen können. Wenn die eigentliche Behandlung abgeschlossen ist, bieten sich Reha-Aufenthalte an, um Rückfällen vorzubeugen und das Allgemeinbefinden zu stabilisieren.

Portrait von Thomas Werner Holzinger
Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie

Chefarzt Kardiologie