Der Name Colitis ulcerosa setzt sich aus den Bestandteilen Colon (griechisch für Dickdarm), der Endung –itis (griechisch für Entzündung) und der Bezeichnung ulcerosa (vom lateinischen ulcus = Geschwür) zusammen. Bei der Krankheit handelt es sich um eine chronische Entzündung der Schleimhaut des Colons (mittlerer Abschnitt des Dickdarms), bei der sich Geschwüre bilden können. Colitis ulcerosa gehört zur Gruppe der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Neben Morbus Crohn zählt Colitis ulcerosa zu den häufigsten Vertretern dieser Gruppe. Typische Symptome dieser Erkrankung sind Durchfall mit Blut- oder Schleimbeimengungen, Bauchkrämpfe und Fieber. In der Regel treten die Symptome schubweise auf. In vielen Fällen können die symptomlosen Phasen durch eine Anpassung des Lebensstils, eine medikamentöse Behandlung oder operative Maßnahmen sehr lange aufrechterhalten werden, sodass die Betroffenen kaum Beschwerden mehr haben.
Bei Colitis ulcerosa besteht eine Entzündung, die auf die oberste Schicht der Darmwand (Darmschleimhaut) beschränkt ist. Die Erkrankung geht immer vom Enddarm aus. Bei 40 %-50 % der Erkrankten ist ausschließlich der Enddarm betroffen. Dann spricht man von einer Proktitis. Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass die Entzündung sich mehr oder weniger weit im Dickdarm ausbreitet. Wenn zusätzlich zum Enddarm auch der linksseitige Dickdarm entzündet ist, handelt es sich um eine Linksseitencolitis. Darunter leiden etwa 30-40 % der Betroffenen. Bei etwa 20 % der Patient:innen sind der Enddarm und der gesamte Dickdarm betroffen. In diesem Fall spricht man von einer Pancolitis. In seltenen Fällen kann außerdem eine sogenannte Backwash-Ileitis vorliegen. In diesem Fall sind Enddarm, Dickdarm und das letzte Stück des Dünndarms betroffen. Mit der Ausdehnung der Entzündung nimmt auch die Schwere der Symptome zu.
Je nachdem wie ausgeprägt die Entzündung ist, können unterschiedliche Symptome in unterschiedlichen Schweregraden auftreten. Zu den häufigsten Anzeichen zählen:
Außerdem kommt es bei circa 50 % der Betroffenen mit einer CED zu Beschwerden in anderen Körperbereichen (extraintestinale Manifestationen). Bei Colitis ulcerosa ist das nicht so häufig der Fall wie bei Morbus Crohn , es können trotzdem manchmal Beschwerden in folgenden Bereichen festgestellt werden:
Toxisches Mega-Kolon: Dabei handelt es sich um eine Aufweitung des Colons, die zu einem Schock mit Multiorganversagen übergehen kann. Starke Bauchschmerzen, hohes Fieber, Herzrasen und ein aufgetriebener Bauch können Anzeichen dafür sein. Wenn ein akuter Verdacht auf ein toxisches Mega-Kolon vorliegt, sollte ein Notarzt gerufen werden.
Strikturen: Strikturen sind narbige Engstellungen des Darms. Sie können Komplikationen auslösen, da die Bewegung des Darminhalts verlangsamt oder gar gestoppt werden kann.
Karzinome: Im Durchschnitt entwickeln rund 5% der Colitis ulcerosa Patienten und Patientinnen Darmkrebs . Das Risiko dafür steigt mit der Dauer der Erkrankung an. Wenn Betroffene zusätzlich an Primär Sklerosierender Cholangitis (PSC) leiden, verfünffacht sich das Darmkrebsrisiko. Zur Darmkrebsvorsorge sollten regelmäßige Darmspiegelungen mit Gewebeentnahmen durchgeführt werden, um Zellveränderungen möglichst frühzeitig festzustellen.
Die Ursache für die Beschwerden ist eine Entzündung der Darmschleimhaut. Wodurch diese Entzündungen verursacht werden, ist nicht abschließend geklärt. Sicher ist, dass immer mehrere Ursachen einen Einfluss haben (multifaktoriell). Es wird vermutet, dass folgende Risikofaktoren die Entstehung der Krankheit beeinflussen:
Genetische Faktoren: In manchen Familien tritt Colitis ulcerosa gehäuft auf. Für Geschwister von Colitis ulcerosa Patienten und Patientinnen ist das Risiko auch zu erkranken etwa 10 bis 50 Mal höher als bei anderen Menschen. Das deutet darauf hin, dass es eine genetische Veranlagung für die Krankheit geben könnte.
Immunologische Faktoren: Normalerweise hat die Darmschleimhaut eine Schutzfunktion, die Keime davon abhält, weiter in den Körper zu gelangen. Bei CED ist diese Barrierefunktion gestört und durch die eindringenden Keime wird eine Immunreaktion ausgelöst.
Umweltfaktoren: CED treten in westlichen Industriegesellschaften in den letzten Jahrzehnten immer häufiger auf. Das kann als Hinweis darauf gesehen werden, dass die Umweltfaktoren und Lebensbedingungen einen Einfluss auf die Entstehung der Krankheit haben. Es wird davon ausgegangen, dass Ernährungsgewohnheiten und die Einnahme von Medikamenten einen Zusammenhang mit der Entstehung von Colitis ulcerosa haben. Dafür liegen allerdings noch keine Beweise vor.
Psyche: Psychische Faktoren können die Erkrankung nicht direkt verursachen. Es lässt sich allerdings beobachten, dass sie einen neuen Krankheitsschub auslösen können.
Die Erkrankung beginnt in der Regel zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr. Prinzipiell kann die Erkrankung aber in jedem Alter erstmals auftreten.
Die Entzündung ist bei Colitis ulcerosa auf das Colon beschränkt (mittlerer Abschnitt des Dickdarms). Sie beginnt meist im Enddarm und breitet sich dann aufsteigend im Dickdarm aus. Wenn die Entzündungen die oberste Zellschicht der Darmschleimhaut zerstört haben, bilden sich Geschwüre, die Blut und Schleim absondern. Dadurch entsteht der blutige, schleimige Durchfall, der ein typisches Symptom für die Erkrankung darstellt. Die Schwere der Symptome kann von Schub zu Schub variieren. Auch wie lang die Abstände zwischen den Schüben sind, kann nicht vorhergesagt werden.
Durch eine gezielte Therapie können die Symptome in der Regel sehr gut behandelt werden, sodass den Betroffenen häufig ein normales Leben ermöglicht wird. Eine endgültige Heilung kann allerdings nur durch eine Entfernung der betroffenen Darmabschnitte erreicht werden. Bei passender medikamentöser Behandlung ist die Lebenserwartung der Patient:innen sogar höher als die von Nicht-Erkrankten.
Eine genaue Bestimmung der Fallzahlen ist schwierig, da die Zahlen insbesondere in Industrieländern stetig steigen. Schätzungen gehen von etwa 420.000 bis 470.000 CED-Patient:innen in Deutschland aus. Die Anzahl von Colitis ulcerosa Erkrankten in Deutschland wird auf etwa 168.000 geschätzt. Frauen und Männer erkranken etwa gleich häufig. Generell lässt sich feststellen, dass die Häufigkeit in Ländern mit höherem Lebensstandard und verbesserten hygienischen Bedingungen zunimmt.
Der Arzt oder die Ärztin beginnt bei Verdacht auf Colitis ulcerosa meist mit einer Tastuntersuchung des Bauches. Sollte dabei ein Druckschmerz im linken Unterbauch entstehen, kann dies einen ersten Hinweis auf das Vorliegen der Erkrankung geben. Da Colitis ulcerosa häufig im letzten Darmabschnitt entsteht, wird außerdem der After untersucht und abgetastet.
Auch Blut- und Stuhlproben können Aufschluss darüber geben, um welche Erkrankung es sich handelt. Ein wichtiger Marker zur Bestimmung von CED ist der Calprotectin-Wert im Stuhl. Calprotectin ist ein Eiweißstoff, der in weißen Blutkörperchen vorkommt. Ein erhöhter Wert ist ein Hinweis auf ein entzündliches Geschehen im Darm. Außerdem kann eine Blutuntersuchung Aufschluss darüber geben, ob eine Blutarmut oder ein Nährstoffmangel vorliegt, was bei dieser Erkrankung häufig der Fall ist.
Eine wichtige Rolle für die Diagnostik spielen außerdem Endoskopie (Darmspiegelung) und Ultraschall (Sonographie). Die Endoskopie des Dickdarms wird auch als Ileokoloskopie bezeichnet. Dabei wird ein schmaler Schlauch, der mit einer Kamera ausgestattet ist, durch den After in den Dickdarm eingeführt. Auf diese Weise kann die Darmschleimhaut begutachtet werden. Bei der Untersuchung kann der Arzt oder die Ärztin außerdem Gewebeproben (Biopsie) entnehmen und im Labor untersuchen lassen, um die Diagnose mit Sicherheit bestätigen zu können.
Ziel der Behandlung ist es, die symptomfreien Phasen so lange wie möglich aufrecht zu erhalten und den Betroffenen somit ein beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Welche Therapieform erfolgreich ist, variiert von Fall zu Fall. Eine vollständige Heilung der Krankheit ist nur durch die operative Entfernung der betroffenen Darmabschnitte möglich. Folgende weitere Möglichkeiten gibt es zur Behandlung der Colitis ulcerosa:
Anpassung des Lebensstils: Regelmäßige sportliche Aktivität hat nachweislich einen positiven Effekt auf den Verlauf der CED und das körperliche, persönliche und seelische Wohlbefinden.
Ernährung: Es gibt derzeit keine eindeutigen Hinweise darauf, dass bestimmte Ernährungsformen Auslöser für die Entstehung von Colitis ulcerosa darstellen. Es wird allerdings empfohlen, die Ernährung nach der Diagnosestellung anzupassen und zu testen, welche Ernährungsform eventuell einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat. Generell empfiehlt sich eine kalorien-, ballaststoff- und vitaminreiche Ernährung. Auf frittierte und fettige Speisen sollte eher verzichtet werden. Außerdem sollten Betroffene keinen Alkohol trinken, da dadurch ein Schub ausgelöst werden kann. Auch kohlensäure- oder zuckerhaltige Getränke sowie Fruchtsäfte sollten durch stilles Wasser oder ungesüßte Kräutertees ersetzt werden.
Nahrungsmittelallergien und auch Nahrungsmittelintoleranzen kommen bei Patienten und Patientinnen mit CED häufiger vor als in der Normalbevölkerung. Bei 70% der Betroffenen mit CED entwickelt sich zeitweise oder dauerhaft eine Laktoseintoleranz. Auch unspezifische Unverträglichkeiten von Kohlgemüse und Hülsenfrüchten treten bei CED häufiger auf. Wenn Nahrungsmittelintoleranzen bestehen, sollte die Ernährung entsprechend angepasst werden, um Beschwerden zu lindern. Es gibt keine Ernährungsform, die allen Erkrankten gleichermaßen hilft.
Medikamentöse Behandlung: Die Colitis ulcerosa wird zunächst mit Aminosalicylaten behandelt. Sie haben eine entzündungshemmende Wirkung. Beim Befall des unteren Bereichs des Colons ist eine rein lokale Behandlung, beispielsweise durch Zäpfchen oder Einläufe, möglich. Wirken Aminosalicylate nicht oder besteht eine Unverträglichkeit, kommen Glucocorticoide in Frage. Dabei handelt es sich um eine chemische Abwandlung des körpereigenen Hormons Cortisol. Es gehört zu den Stresshormonen und hat unterschiedliche Wirkungen. Bei der CED-Behandlung ist insbesondere die Immunsuppressive, d. h. das Immunsystem unterdrückende Wirkung, gewünscht. Einen schweren Schub behandelt man zunächst mit Glucocorticoiden in absteigender Dosierung, bis man auf Aminosalicylate übergehen kann. Bei nicht ansprechen dieser Medikamente kommen verschiedene weitere Substanzen wie beispielsweise Immunsuppressiva oder TNF-Alpha-Antikörper zum Einsatz.
Operative Maßnahmen: Wenn die Erkrankung einen schweren Verlauf zeigt und durch Medikamente nicht unter Kontrolle gebracht werden kann, ist in manchen Fällen die operative Entfernung des betroffenen Darmabschnitts sinnvoll. Bei 88% der Betroffenen, die unter einem schweren Verlauf der Krankheit leiden, muss im Laufe der Erkrankung der Dickdarm entfernt werden. Im Gegensatz zum Morbus Crohn ist die Colitis ulcerosa operativ heilbar und es kann eine lebenslange Beschwerdefreiheit erreicht werden.
Während einer Reha sollen die Betroffenen nach einem akuten Schub oder einer Operation auf den Alltag vorbereitet werden und einen guten Umgang mit ihrer Erkrankung erlernen. Zu Beginn der Reha findet eine ausführliche Untersuchung statt, die die Grundlage für den individuellen Therapieplan darstellt. Je nach Klinik kann die Behandlung aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzt sein. Dazu gehören beispielsweise Physiotherapie, Ergotherapie oder Osteopathie. Auch eine Ernährungsberatung oder Kochkurse können den Betroffenen helfen, besser mit ihrer Erkrankung zu leben. Weil Colitis ulcerosa häufig nicht nur eine körperliche, sondern auch eine psychische Belastung darstellt, finden auch psychologische Gespräche, Entspannungstechniken und Stressmanagement im Rahmen der Reha statt. In Form einer sozialrechtlichen Beratung erhalten die Patienten und Patientinnen außerdem Informationen zu Fragen wie der finanziellen Absicherung, dem Schwerbehindertenrecht, der Wiedereingliederung ins Berufsleben sowie Hilfen für den Alltag.
Chefärztin der Inneren Medizin