10 Jahre nach dem Organspendeskandal: Was hat sich getan? 14.12.2022

Zuletzt aktualisiert: 13.03.2024 | Lesedauer: ca. 3 Min.

Eine Studie der SRH Fernhochschule beschäftigt sich 10 Jahre nach dem Organspendeskandal mit der aktuellen Situation der Organspende in Deutschland.

Im Jahr 2012 wurden bundesweit zahlreiche Fälle bekannt, bei denen Patient:innen teilweise aufgrund falscher Daten und Angaben zum Gesundheitszustand schneller an ein Spenderorgan gelangten als andere Personen, die eigentlich Vorrang gehabt hätten. „Ausschlaggebend sind die Dringlichkeit, aber auch die Erfolgsaussichten einer Transplantation“, erklärt Dr. Semelink-Sedlacek. „Werden hier von der Klinik, in der ein Patient behandelt wird, falsche Angaben gemacht, kommen nicht die dran, die eigentlich an der Reihe wären. Das kann gravierende Folgen haben.“

In ihrer Studie untersuchte Frau Dr. Semelink-Sedlacek, Assistenzärztin für Kinderheilkunde und Studentin der Prävention und Gesundheitspsychologie an der SRH Fernhochschule was sich seit dem Organspendeskandal getan hat und inwiefern er das Vertrauen in die Organspende beeinflusst hat. Lag die Zahl der verstorbenen Organspender:innen im Jahr 2012 noch bei 1045, ging sie bis zum Jahr 2017 um 24 Prozent, auf 797 zurück. Um das Vertrauen in die Organspende zu stärken und Manipulationen zu vermeiden, wurden unabhängige Kontrollen eingeführt und ein klarer Straftatbestand für Richtlinienverstöße definiert. Semelink-Sedlacek kommt in ihrer Studie, die zahlreiche Expert:inneninterviews beinhaltet, zu dem Ergebnis, dass diese Maßnahmen zwar Wirkung zeigen, aber nach wie vor Reformprozesse notwendig seien, um das verlorene Vertrauen vollständig zurückzugewinnen. „Bis heute gibt es deutlich weniger Organspender als vor dem Skandal.“, so Semelink-Sedlacek. Im Jahr 2021 gab es 933 postmortale Spender, rund 10 Prozent weniger als 2012.

Grafik über Anzahl postmortaler Organspender:innen von 2012 - 2021

Eine sinnvolle Maßnahme könnte die Einführung der sogenannten Widerspruchslösung sein. Soweit eine verstorbene Person zu Lebzeiten nicht der Organspende widerspricht, wird diese als potenzielle:r Spender:in geführt. In Deutschland ist dieses Konzept vor zwei Jahren im Bundestag gescheitert. „Eine Reevaluation dieser Entscheidung ist sicher sinnvoll, da die Bevölkerung in Umfragen der Organspende grundsätzlich positiv gegenübersteht. Ein wichtiger Aspekt für eine breite Akzeptanz der Widerspruchslösung ist, dass das Vertrauen der Bevölkerung in das System der Organspende weiter gestärkt wird“, so Semelink-Sedlacek.

„Spenderorgane sind nach wie vor eine knappe Ressource. Wir befinden uns auf einem guten Weg, um eine gerechte Verteilung zu gewährleisten. Aber wir sind noch nicht am Ziel. Wie immer hängt das System von den Menschen ab, die es gestalten und nicht nur von ordnungspolitischen Regelungen. Jeder einzelne Akteur benötigt zu den orientierenden Regularien ein Repertoire an ethischen Verhaltensregeln, um eine sozial gerechte Verteilung der knappen Ressource "Spenderorgan" sicherzustellen“, erklärt Semelink-Sedlacek abschließend.

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Portrait von Lisa Valerie Valett.

ehemalige studentische Mitarbeiterin
DAS REHAPORTAL