Chefarzt Gastroenterologie und Ärztlicher Direktor
VAMED Rehaklinik Bergisch Land in Wuppertal
Der Begriff „gastroösophagealer Reflux“ beschreibt den Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre und kann in gewissem Maß ein normales Phänomen sein. Normalerweise tritt dieser Reflux nach dem Essen auf und bedarf keiner medizinischen Behandlung, da er in der Regel keine negativen Auswirkungen auf den Menschen hat.
Die Refluxkrankheit (GERD), auch kurz als Reflux bekannt, ist eine weit verbreitete Erkrankung, die durch einen krankhaft häufigen oder zu starkem Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre gekennzeichnet ist, sodass es zu unangenehmen Beschwerden kommt. Lesen Sie in diesem Artikel, wie Sie Symptome erkennen, welche Ursachen dahinterstecken und welche Behandlungsmöglichkeiten, inklusive einer Reha, Ihnen helfen können.
Der gastroösophageale Reflux bezeichnet den Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre. Beim gesunden Menschen sorgt der untere Schließmuskel der Speiseröhre dafür, dass die aggressive Magensäure normalerweise nicht in die Speiseröhre fließen kann.
Es gibt auch einen physiologischen Reflux, der nach dem Essen auftritt und keiner medizinischen Behandlung bedarf, da er in der Regel keine negativen Auswirkungen auf den Menschen hat. Kommt es jedoch durch eine Schwächung des Schließmuskels zu häufigem oder starkem Rückfluss, spricht man von der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD).
In Deutschland leiden circa 25 Prozent der Bevölkerung an einer Refluxerkrankung. Die Prävalenz der GERD steigt dabei mit dem Alter an und liegt bei über 60-Jährigen bei bis zu 40 Prozent, wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen.
Ein krankhafter Reflux von Magensäure in die Speiseröhre führt bei rund 30 Prozent der betroffenen Personen zu entzündlichen Schleimhautveränderungen der Speiseröhre mit in der Magenspiegelung erkennbaren Läsionen (Erosionen bzw. Ulzerationen), die sogenannte Refluxösophagitis. Je nach endoskopischem Ausmaß der Läsionen kann der Schweregrad einer Refluxösophagitis mittels der sogenannten Los-Angeles-Klassifikation in die Schweregrade A bis D unterschieden werden, entsprechend derer man auch die Notwendigkeit einer (medikamentösen) Therapie ableiten kann.
Bei fortschreitender Entzündung können sich Engstellen mit Schluckbeschwerden bilden oder Schleimhautveränderungen, dem sogenannten Barrett-Ösophagus, aus dem als schwerwiegendste Komplikation ein Karzinom der Speiseröhre entstehen kann.
Schweregrad der Refluxerkrankung |
Beschreibung |
Notwendigkeit (medikamentöse) Therapie |
Stadium A |
Eine oder mehrere Läsionen (Erosionen) in der Speiseröhrenschleimhaut, die jeweils weniger als 5 mm lang sind und nicht zwischen den Schleimhautfalten verlaufen. |
Allgemeine Maßnahmen, ggf. niedrigdosierte PPI- Therapie für 2-4 Wochen
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Stadium B |
Mindestens eine Läsion, die länger als 5 mm ist, aber nicht die gesamte Länge zwischen zwei Schleimhautfalten überbrückt. |
Niedrigdosierte PPI-Therapie für 4 Wochen
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Stadium C |
Erosionen, die kontinuierlich zwischen mehreren Schleimhautfalten verlaufen, aber weniger als 75 % des Umfangs der Speiseröhre betreffen. |
Hochdosierte PPI-Therapie für 4-8 Wochen
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Stadium D |
Erosionen, die mehr als 75 % des Umfangs der Speiseröhre einnehmen. |
Hochdosierte PPI-Therapie für 8 Wochen
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Die zentrale Ursache der Refluxerkrankung ist eine Funktionsstörung der Antirefluxbarriere bestehend aus dem unteren Schließmuskel der Speiseröhre und den Zwerchfellschenkeln. Durch Schwächung des unteren Schließmuskels der Speiseröhre wird das wiederholte Aufsteigen von aggressiver Magensäure in die Speiseröhre möglich. Dies kann anatomisch durch einen Zwerchfellbruch (sogenannte Hiatushernie) entstehen, wenn durch einen zu hohen Druck des Bauchraumes die Befestigung der Speiseröhre zum Zwerchfell nicht mehr standhält.
Risikofaktoren hierfür sind unter anderem Adipositas, Schwangerschaft und eine genetische Veranlagung. Auch Faktoren wie Medikamente, Rauchen, Alkoholkonsum, Stress oder bestimmte Nahrungsmittel können zu vermehrter Magensäureproduktion führen. Ebenso kann eine verlangsamte Magenentleerung (zum Beispiel bei Diabetes oder rheumatologischen Erkrankungen) den Rückfluss von Magensäure begünstigen.
Typische Symptome der Refluxkrankheit sind:
Atypische Symptome lassen eher an Erkrankungen des Herzens oder an Asthma denken. Diese Beschwerden treten klassischerweise nach dem Essen oder nachts im Liegen auf:
Alarmsymptome (unverzüglich ärztliche Abklärung notwendig) können sein:
Wird aufgrund der Beschwerdesymptomatik eine Refluxerkrankung vermutet, kann bei typischen Beschwerden wie Sodbrennen und saurem Aufstoßen bei Patient:innen mit fehlenden Alarmsymptomen (Schluckbeschwerden, Blutarmut, Gewichtsverlust) auch zunächst auf eine intensive apparative Diagnostik verzichtet und eine Probetherapie mit Medikamenten über 2 bis 4 Wochen durchgeführt werden. Eine weitere Diagnostik sollte dann aber erfolgen, wenn unter der begonnenen medikamentösen Therapie fortbestehende Beschwerden oder nach Absetzen der Medikamente erneut ein rascher Beginn der Symptomatik zu verzeichnen sind.
Bei Vorliegen von Alarmsymptomen oder erneutem Auftreten von Beschwerden nach Abschluss einer vierwöchigen medikamentösen Behandlung muss eine Magenspiegelung durchgeführt werden. Damit kann beim Vorliegen einer Speiseröhrenentzündung die Refluxkrankheit bestätigt und unter Umständen ein fortgeschrittenes Stadium frühzeitig erkannt werden, bevor eine längerdauernde medikamentöse Therapie gestartet wird.
Das Standardverfahren zur quantitativen Analyse eines Säurerefluxes ist seit vielen Jahren die Langzeit-pH-Metrie, die in klassischer Form mit einer speziellen Nasensonde, die bis in den unteren Ösophagus reicht, oder sondenlos mit einem in der Speiseröhre fixierten Sensor (BRAVO-System) durchgeführt werden kann. Mit dem letztgenannten System sind Aufzeichnungen bis zu 96 Stunden möglich.
Mit der Impedanzmessung (kombiniert mit einer pH-Metrie) werden alle Refluxereignisse unabhängig von ihrem pH-Wert erfasst. Die Säuremessung in der Speiseröhre wird in der Fachsprache Ösophagus-pH-Metrie genannt. Sie gilt als das sicherste Verfahren, um eine Refluxkrankheit eindeutig zu bestätigen, und wird eingesetzt, wenn bei einer Magenspiegelung keine Entzündung der Speiseröhre festgestellt wurde. Das Vorliegen krankhaft erhöhter Säurewerte in der Speiseröhre bestätigt eine Refluxkrankheit.
Eine Druckmessung in der Speiseröhre ist vor einer operativen Behandlung, zur Abklärung von unklaren Brustschmerzen nach Ausschluss einer Herzkrankheit und bei Schluckstörungen notwendig. Sie kann einerseits eine krankhafte Speiseröhrenmotorik als Ursache der Beschwerden aufzeigen und andererseits bei der Wahl des Operationsverfahrens hilfreich sein. In der Regel wird zuerst eine Druckmessung durchgeführt und anschließend eine Sonde für die 24-stündige Säuremessung über die Nase in die Speiseröhre eingelegt.
Gastroösophageale Refluxerkrankung ist eine Volkskrankheit!
Die therapeutischen Möglichkeiten bei krankhaftem Rückfluss von Magensäure bestehen aus Lebensstiländerungen, medikamentöser und/oder operativer Therapie.
Zu den Lebensstiländerungen, die den Reflux positiv beeinflussen, gehören diätetische Maßnahmen mit Gewichtsreduktion, Verzicht auf Alkohol/Kaffee, Vermeiden fettreicher/scharf gewürzter/süßer Speisen sowie Schlafen mit erhöhtem Oberkörper/Linksseitenlage, Vermeiden voluminöser und fettreicher Speisen vor dem Schlafengehen bzw. Essen vor Sport und vor schwerer körperlicher Tätigkeit.
Zur medikamentösen Therapie stehen drei Wirkstoffgruppen zur Verfügung.
Die Veränderung der Lebensgewohnheiten und eine medikamentöse Behandlung haben zum Ziel, die Säureproduktion zu senken und den Abfluss der Säure zu fördern. Sie stehen immer am Anfang der Behandlung. In etwa 90 Prozent aller Fälle kann das Leiden auf diese Weise erfolgreich behandelt werden. Leider kommt es nach Absetzen der Medikamente bei 75 bis 90 Prozent der Patient:innen erneut zu Beschwerden, so dass ca. 66 Prozent aller Refluxkranken einer gelegentlichen oder dauerhaften Medikamenteneinnahme bedürfen.
Als Alternative steht bei fortbestehenden Beschwerden oder Unverträglichkeit beziehungsweise Ablehnung einer dauerhaften medikamentösen Therapie eine operative Behandlung zur Verfügung. Ziel ist es, die Säure an ihrem Aufstoßen in die Speiseröhre zu hindern. Dies geschieht entweder durch Konstruktion eines Ventilmechanismus am Mageneingang, indem ein Teil des Magensackes wie eine Manschette um den Mageneingang gewickelt und festgenäht wird (Fundoplicatio) oder durch Festnähen des Magensackes am Zwerchfell, nach Raffung und Verstärkung der Zwerchfelllücke mit einem Kunststoffnetz.
Beide Verfahren können sowohl in Schlüssellochtechnik (Laparoskopie) als auch über einen Längsschnitt im Oberbauch durchgeführt werden. Auch mit den operativen Verfahren wird das Leiden bei ca. 90 Prozent aller Fälle erfolgreich behandelt. Auf eine dauerhafte Medikation kann danach in der Regel verzichtet werden. Als Nachteil der Operation ist jedoch das Risiko von Komplikationen zu erwähnen, welche selten zu einem zusätzlichen Eingriff führen.
Um einen Reflux vorzubeugen und zu vermeiden, können Lebensstiländerungen helfen, die die Säureproduktion senken und den Abfluss der Säure fördern. Dazu gehören diätetische Maßnahmen mit Gewichtsreduktion, Verzicht auf Alkohol, Rauchen und Kaffee, Vermeiden von fettreichen, scharf gewürzten und süßen Speisen sowie Schlafen mit erhöhtem Oberkörper oder Linksseitenlage, Vermeiden voluminöser und fettreicher Speisen vor dem Schlafengehen bzw. Essen vor Sport und vor schwerer körperlicher Tätigkeit. Ausgewogene Ernährung und regelmäßige mäßiggradige körperliche Aktivität wirken sich dabei ebenso positiv auf den häufigen Rückfluss von Magensäure aus.
Eine Rehabilitationsmaßnahme kann insbesondere nach einer operativen Behandlung infrage kommen. Eine solche Reha kann entweder ambulant oder stationär für eine Dauer von mehreren Wochen durchgeführt werden und findet in der Regel in einer speziellen Rehaklinik für gastroenterologische Rehabilitation statt. Ziel hierbei ist es, den Patient:innen durch die vorübergehenden Einschränkungen nach der OP und die veränderten anatomischen Verhältnisse in Ernährungs- und Lebensstilfragen zu schulen sowie den Patient:innen im Heilungsprozess zu unterstützen:
Hier werden vor allem wichtige Kompetenzen für den Alltag vermittelt, um diesen trotz der Einschränkungen bewältigen zu können. Dazu gehören unter anderem die Kenntnisse zur Symptomkontrolle, der Umgang mit Medikamenten, das Erkennen und Bewältigen von Stress sowie das Erlernen des Selbstmanagements mit der Erkrankung.
Um die Symptome langfristig zu lindern, ist eine angepasste Ernährung von großer Bedeutung. Die Patient:innen lernen, dass der Verzicht auf Alkohol, Rauchen und Kaffee sowie der Verzicht auf fettreiche, scharfe und süße Speisen wichtig ist und dass der Verzicht auf üppige und fettreiche Mahlzeiten vor dem Schlafengehen eine wichtige Stellschraube im Umgang mit der Erkrankung darstellen.
Eine psychologische Beratung kann im Umgang mit der Refluxkrankheit eine wichtige Unterstützung bieten. Stress und psychische Belastungen können die Symptome verstärken, daher erlernen Patient:innen Techniken zur Stressbewältigung und Entspannung, um ihren Alltag besser zu meistern.
Aber auch ohne operative Therapie ist bei langjähriger Beschwerdesymptomatik und damit einhergehender psychischer Belastung eine Rehabilitation sinnvoll, um auch hier den Patient:innen in Lebensstil- und Ernährungsfragen zu beraten, die körperliche Stabilisierung physiotherapeutisch zu unterstützen und eine psychische Stabilisierung durch Atem-/Entspannungstechniken und psychologische Beratung zu erreichen.
Die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) ist eine häufige Erkrankung vor allem in den westlichen Industrieländern, die mit unangenehmen Beschwerden und/oder mit einer Refluxösophagitis einhergeht. Neben Lebensstiländerungen (diätetisch/Verhaltensmaßnahmen) kann vor allem die medikamentöse Therapie die Beschwerden und den entzündlichen Reiz in der Speiseröhre lindern. Hier ist vor allem die Therapie mit Säureblockern (PPI) zu nennen, die auch in einer regelmäßigen und dauerhaften Therapie gut verträglich sind. Sollten darüber hinaus weiter Beschwerden bestehen oder eine regelmäßige medikamentöse Therapie nicht vertragen oder abgelehnt werden, kann eine Operation mit zum Beispiel Rekonstruktion eines Ventilmechanismus durch eine Magenmanschette häufig zur Heilung der Refluxkrankheit ohne Notwendigkeit einer weiteren Medikamenteneinnahme führen. Die Rehabilitation im Rahmen der Refluxkrankheit soll neben der Beratung zu Ernährung, Lebensstil und medikamentöser Therapie vor allem die psychischen und körperlichen Einschränkungen mit Hilfe des Therapeutenteams aufarbeiten, damit Patient:innen ihren weiteren Alltag wieder stabiler gestalten können.
Gegen Sodbrennen helfen lauwarmes, stilles Wasser, Kamillentee, trockenes (Weiß-)Brot, Natron und Haferflocken zur Neutralisierung der Säure. Medikamentös sogenannte Antazida (frei verkäuflich) aus der Apotheke, die ebenso eine Neutralisierung der Magensäure erreichen.
Der Reflux von Magensäure in die Speiseröhre kann zu unangenehmen Beschwerden wie Sodbrennen, saurem Aufstoßen, Schluckbeschwerden, Brustschmerzen, Husten und Heiserkeit und/oder zu einer Speiseröhrenentzündung, der sogenannten Refluxösophagitis, führen.
Bei gastroösophagealem Reflux sollte auf Alkohol und Kaffee verzichtet und fettreiche, scharf gewürzte und süße Speisen vermieden werden. Zudem sollten voluminöse und fettreiche Speisen vor dem Schlafengehen bzw. Essen vor Sport und vor schwerer körperlicher Tätigkeit vermieden werden.
Ein Reflux bei vorübergehenden Auslösern (Ernährung, Alkohol, Kaffee, Medikamente) kann wieder verschwinden. Bei organischen oder dauerhaften Ursachen ist meist aber eine entsprechende Therapie notwendig.
Ein brennendes Gefühl hinter dem Brustbein oder im Hals, das durch den Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre verursacht wird. Teils vergesellschaftet auch mit Schmerzen hinter dem Brustbein oder saurem Aufstoßen.
Ein Reflux von Magensäure kann entweder durch Reizung der Speiseröhre reflektorisch Hustenreiz/-attacken auslösen. Zudem kann durch Aufsteigen der Säure bis in den Rachen die Stimmlippen reizen oder in die Atemwege gelangen und dadurch einen chronischen Hustenreiz oder Räusperzwang erzeugen.